Mathematiker des Monats Dezember 2016
Martin Georg Heinrich Weber (1842-1913)
von
Katrin Scheel
Der Humanist und Mathematiker Martin Georg Heinrich Weber kam am 5. März 1842 als zweites von fünf Kindern
des aus einfachen Verhältnissen stammenden Historikers Georg Weber zur Welt.
An der Universität seiner Heimatstadt Heidelberg begann Heinrich Weber 1860 das Studium der Mathematik.
Dort lehrten zu dieser Zeit so bekannte Persönlichkeiten wie
Gustav Kirchhoff,
Otto Hesse und
Moritz Cantor mit welchem Heinrich Weber in den
folgenden Jahren freundschaftlich verbunden war. Zum Sommersemester 1861 wechselte Heinrich Weber an die Universität Leipzig.
Er besuchte dort Vorlesungen von August Ferdinand Möbius und
Wilhelm Scheibner.
Kirchhoff in Heidelberg und Scheibner in Leipzig brachten Weber wiederholt mit der Denkweise der Königsberger Schule in Kontakt.
Nach erfolgreich abgelegter Promotionsprüfung am 19. Februar 1863 ging Heinrich Weber für weitere mathematische Studien nach
Königsberg und wurde dort von Friedrich Richelot und
Franz Neumann, beide ebenfalls Vertreter der
Königsberger Schule Jacobis, deren Vorlesungen er besuchte, entscheidend geprägt.
1865 kehrte Heinrich Weber nach Heidelberg zurück, wo er 1866 habilitiert wurde und fortan als Privatdozent lehrte.
In der Folge erhielt Heinrich Weber Rufe an die Universität Heidelberg und das Eidgenössische Polytechnikum in Zürich.
1875 ging er als Nachfolger von Friedrich Richelot ein weiteres Mal nach Königsberg. Es folgten Rufe nach
Berlin (an die Königlich Technische Hochschule Charlottenburg, 1883-1884),
Marburg, Göttingen und zuletzt nach Straßburg, wo Heinrich Weber bis zu seinem plötzlichen Tod 1913 lehrte und arbeitete.
Im Jahr 1870 heiratete Heinrich Weber Julia Elisabeth Dittenberger, Tochter des Oberhofpredigers Wilhelm Dittenberger aus Weimar.
Dieser Ehe entstammen mindestens fünf Kinder, denen Heinrich Weber unabhängig von ihrem Geschlecht eine umfassende Bildung angedeihen ließ,
und die er bei eigenen wissenschaftlichen Arbeiten unterstützte.
Heinrich Weber beschäftigte sich, geprägt durch seine Königsberger Erfahrungen, mit Problemen der mathematischen Physik,
der Theorie der algebraischen Funktionen und damit in Verbindung stehenden zahlentheoretischen Fragen.
Noch im hohen Alter überarbeitete er verschiedene seiner Veröffentlichungen um neue mathematische und physikalische Theorien einzuarbeiten,
die erst kurz zuvor entwickelt worden waren.
Unter der nicht geringen Zahl von Schülern Heinrich Webers finden sich zwei besondere Namen,
Hermann Minkowski und
David Hilbert. Beide jungen Männer studierten unter Heinrich Weber zeitgleich an der
Königsberger Universität und stellten damit den selbst noch recht jungen Weber vor ganz besondere Herausforderungen.
Eine tiefe Freundschaft, die ein Leben lang hielt und die in wissenschaftlicher Hinsicht in der Herausgabe des gemeinsamen Werkes
„Die algebraischen Functionen einer Veränderlichen“ ihren Ausdruck fand, verband Heinrich Weber mit dem Braunschweiger Mathematiker
Richard Dedekind.
Neben dieser Schrift und der Herausgabe der Werke Riemanns, an der Heinrich Weber zusammen mit Richard Dedekind gearbeitet hatte,
verfasste Heinrich Weber im Laufe seines Lebens mehr als 70 wissenschaftliche Schriften und Bücher.
Zwischen 1895 und 1896 veröffentlichte Weber sein „Lehrbuch zur Algebra“
(Band 1 und
Band 2), welches neben einer vollständigen Darstellung der
zeitgenössischen Algebra auch Ergebnisse zur Zahlentheorie und zu den elliptischen Funktionen enthält.
Als Bindeglied zwischen der mathematischen Sprache und Anschauung an den Universitäten und der an höheren Schulen gelehrten,
fungierte Webers großes Werk „Enzyklopädie der Elementarmathematik“ in drei Bänden, welches er zusammen mit seinem ältesten Sohn Rudolf,
der wie sein Vater Mathematik und Physik studiert hatte, und seinem Kollegen
Joseph Wellstein verfasste.
Vater und Sohn arbeiteten auch gemeinsam an der übersetzung und Herausgabe der Gauß'schen Arbeit
„Principia generalia theoriae figurae fluidorum in statu aequilibri“.
Heinrich Weber war Mitglied vieler wissenschaftlicher Akademien im In- und Ausland. Er war eines der Gründungsmitglieder der
Deutschen Mathematiker-Vereinigung und gehörte ab 1893 zu den verantwortlichen Redakteuren der
Mathematischen Annalen.
Er starb am 17.Mai 1913 nach kurzer Krankheit an den Folgen eines Schlaganfalls.
Referenzen
[1] | Katrin Scheel: Der Briefwechsel Richard Dedekind – Heinrich Weber, Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Hamburg, Band 5 (2014) | |
[2] | Aurel Voss: Heinrich Weber, neu publiziert von Gabriele Dörflinger, Universitätsbibliothek Heidelberg, 2010 | |
[3] | Festschrift Heinrich Weber zu seinem siebzigsten Geburtstag am 5.März 1912: gewidmet von Freunden und Schülern, Teubner, Leipzig, 1912 |
Bildnachweis
Porträt | Quelle, lizenziert unter Creative Commons (CC-BY-4.0) |