Nachruf
Rolf Sulanke (1930 - 2024)
von
Gavril Farkas
Nachstehend wird ein Nachruf für Rolf Sulanke wiedergegeben, der
auf der Homepage des Instituts für Mathematik der Humboldt Universität zu Berlin
publiziert wurde
(mit freundlicher Genehmigung des Autors):
Am 23. Mai 2024 ist unser ehemaliger Kollege Herr Prof. Dr.
Rolf Sulanke im Alter von 94 Jahren verstorben. Mit diesem
Nachruf möchten wir ihn in allerbester Erinnerung behalten
und ihm die letzte Ehre erweisen.
Rolf Sulanke wurde am 29. Mai 1930 in Berlin-
Charlottenburg geboren. Er besuchte das Kaiserin-Auguste-
Gymnasium in Charlottenburg und studierte nach dem
Abitur 1949 zunächst Chemie und dann Mathematik an der
Humboldt-Universität Berlin. Nach dem Diplom 1955
begann er als wissenschaftlicher Assistent an der Humboldt-
Universität zu arbeiten.
Im Jahre 1960 promovierte er bei Hans Reichardt zur
Integralgeometrie ebener Kurvennetze und wurde nach der Habilitation 1964 im Jahre 1966
Dozent an der HU. Zum Professor für Geometrie wurde er 1975 berufen. Im Jahre 1992
ernannte man ihn zum Professor für Differentialgeometrie an der HU. Mit seiner Forschung
förderte er den Forschungsschwerpunkt Differentialgeometrie in beachtlichem Umfang.
Rolf Sulankes einflussreichste Arbeiten sind wahrscheinlich die mit dem ungarischen
Wahrscheinlichkeitsforscher Alfréd Rényi über integrale Geometrie, geschrieben in den 1960er
Jahren. Sie betrachteten das folgende Problem, dessen Ursprünge auf Arbeiten von Sylvester
im 19. Jahrhundert zurückgehen: Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass die konvexe Hülle
Kn von n zufällig ausgewählten Punkten in einer konvexen Region genau n Ecken besitzt?
Sulanke und Rényi bestimmten asymptotisch den Erwartungswert verschiedener
Zufallsvariablen, die mit diesem Problem verbunden sind, wie die Länge des Umfanges oder die
Flächeninhalte von Kn. Diese Arbeiten haben zu einem neuen Forschungsgebiet geführt, das
auch heute noch aktiv ist und wurden viele hundert Mal zitiert.
Zu erwähnen sei auch seine Vorlesung über globale Differentialgeometrie, in der er der
Monographie von Sh. Kobayashi und K. Nomizu folgte. Ein Ergebnis dieser Arbeit war seine
Monographie „Differentialgeometrie und Faserbündel“, in der er die globalen Begriffe
erstmalig in deutscher Sprache darstellte. Dieses Buch füllte eine Lücke in der modernen
mathematischen Literatur der DDR und wurde auch in andere Sprachen (z.B. 1977 ins
Polnische) übersetzt. Im März 1978 gelang es Rolf Sulanke, Sh. Kobayashi nach Berlin zu einem Vortrag
einzuladen.
Weiterhin bot Rolf Sulanke ein topologisches Seminar an, an dem sich u.a. Hubert Gollek,
Werner Kleinert, Bernd Otto Trewendt, Reinhard Schulz, Peter Wintgen, Rene Ruchti und Heinz
Marbes beteiligten.
Zu seinen Doktoranden gehörten u.a. Hubert Gollek, Reinhard Schulz, René Ruchti, Peter
Wintgen und Jürgen Reichardt.
Vom 5. bis 10. Oktober 1988 organisierten Rolf Sulanke und Thomas Friedrich eine
internationale Konferenz – „Conference on Differential Geometry and Global Analysis“ – in
Garwitz, auf der – erstmalig in der DDR - renommierte Geometer aus Europa, Asien, Amerika
zusammenkamen. Diese bisher größte in der DDR durchgeführte Tagung über
Differentialgeometrie und globale Analysis wurde von der Sektion Mathematik der Humboldt-
Universität zu Berlin in Zusammenarbeit mit dem Institut für Mathematik der Akademie der
Wissenschaften veranstaltet. An ihr nahmen außer 60 Mathematikern der DDR die gleiche
Anzahl ausländischer Wissenschaftler teil. Einen Nachfolger zu dieser Konferenz gab es
vom 18. bis 25. November 1988, in Göhren-Lebbin.
Im Jahre 1995 trat er in den Ruhestand.
Im Jahre 2006 veröffentlichte er gemeinsam mit A.L. Onishchik ein Buch über „Projective and
Cayley-Klein Geometries“. In seinen letzten Lebensjahren widmete er sich der
Programmierung von zahlreichen Mathematica Notebooks, die er – mit Kommentaren versehen – auf
seiner Homepage zur freien Verfügung stellte.
Wir werden unserem Kollegen Rolf Sulanke ein ehrendes Andenken bewahren!
Bildnachweis
Porträt | Ilka Agricola (Marburg) |