Mathematischer Ort des Monats September 2016
Berlin-Uhr in Berlin-Charlottenburg
von Iris Grötschel
 
Bei der Berlin-Uhr zeigen leuchtende farbige Felder die Zeit an. Das Ergebnis der Zeitmessung erschließt sich jedoch erst nach einigen Rechenschritten. Die ungewöhnliche Standuhr befindet sich etwas versteckt in einer Ecke neben dem Eingang zum Berliner Europa-Center an der Budapester Straße 45 in Berlin-Charlottenburg.
Berlin-Uhr
Berlin-Uhr
 
Die Uhr besteht aus 24 farbigen Feldern, die die Sekunden, Minuten und Stunden darstellen.
Um die Zeit abzulesen, muss man natürlich zunächst die Bedeutung der einzelnen Segmente kennen.
Die kreisförmige Fläche ganz oben blinkt jede zweite Sekunde.
Die vier waagerechten Streifen darunter geben die Stunden und Minuten an.
Oberste Reihe: Jedes Feld entspricht 5 Stunden.
Zweite Reihe von oben: Jedes Feld entspricht 1 Stunde.
Dritte Reihe von oben: Jedes Feld entspricht 5 Minuten.
Unterste Reihe: Jedes Feld entspricht 1 Minute.
Die aktuelle Zeit ergibt sich durch Addition der beleuchteten Flächen. Zum Zeitpunkt des obigen Foto-Shootings war es also 15.56 Uhr. Wie viel Uhr ist es auf dem unteren Foto?
Berlin-Uhr mit Umgebung
Berlin-Uhr mit unmittelbarer Umgebung
 
Die Berlin-Uhr wurde 1974 von dem Uhrmacher und Ingenieur Dieter Binninger (1938-1991) entwickelt und 1975 auf dem Mittelstreifen des Kurfürstendamms in Höhe der Uhlandstraße aufgestellt. Sie war die erste Uhr, die die Zeit anhand von leuchtenden, farbigen Feldern anzeigte, und schaffte es damit sogar in das Guinness-Buch der Rekorde. 1995 wurde die Uhr aus Kostengründen abgeschaltet, da weder Senat noch Bezirk die Betriebskosten tragen wollten. Dank einer Initiative mehrerer Geschäftsleute des Europa-Centers fand die Uhr 1996 ihren aktuellen Standort. Das Europa-Center kann seitdem mit zwei ungewöhnlichen Uhren aufwarten, da sich innerhalb des Gebäudes auch noch die Uhr der fließenden Zeit befindet. Bei dieser wird die Zeit auf physikalischer Basis mit Hilfe einer farbigen Flüssigkeit in diversen Glasbehältern und einem System kommunizierender Röhren veranschaulicht.
Die Berlin-Uhr wird gelegentlich auch als Mengenlehre-Uhr bezeichnet. Jeder Mathematiker erkennt jedoch vermutlich sofort, dass das System nichts mit der (in den 1970er Jahren in der Öffentlichkeit verpönten) Mengenlehre zu tun hat. Die Anzeige der Zeit beruht vielmehr auf dem Stellenwertsystem zur Basis 5.
 

Referenzen

[1]   Iris und Martin Grötschel: Mathematical Berlin, Science, Sights, and Stories, Berlin Story Verlag, Berlin 2016
 

Bildnachweis

Fotos   Iris Grötschel, Berlin