Mathematischer Ort des Monats Juli 2020
Gedenkstätte für Franz Ernst Neumann in Mellin
von
Michael Ernst Klews
Für den Mathematiker, Physiker und Kristallographen
Franz Ernst Neumann
(geboren am 11. September 1798 in Mellin, gestorben am 23. Mai 1895 in Königsberg in Preußen,
heute Kaliningrad, Russland) wurde am 25. Juni 1999 eine Gedenkstätte nahe der Stadt Joachimsthal
im brandenburgischen Landkreis Barnim errichtet [1, S. 62f], und zwar durch den Denkmalverein Glambeck.
Der Gedenkstein und die Gedenktafel befinden sich auf dem Friedhof, der seit 1860 vom ansonsten
nicht mehr vorhandenen Vorwerk Mellin alleine übrig blieb. Dies kann man der Informationstafel
entnehmen, die weiter unten wiedergegeben und beschrieben wird.
Von Parlow im Westen oder von Glambeck im Osten kommend, kann man die Gedenkstätte kaum
übersehen, da sie sich in unmittelbarer Nähe zu dem Naturbeobachtungsturm Mellin befindet,
der auf vielen Landkarten eingezeichnet ist (vergleiche [3], [4] und [6]).
Der Gedenkstein trägt oben die Inschrift
Franz Neumann
Begründer der Theoretischen Physik
Begründer der Theoretischen Physik
und an seinem Fuß steht
Das Unerforschliche,
das weder Form noch Namen hat,
nahm mich in seine Arme.
das weder Form noch Namen hat,
nahm mich in seine Arme.
Der Text der Gedenktafel gibt weitere Angaben zu F. Neumann wieder:
Franz Neumann wurde am 11.9.1798
in Mellin/Glambeck geboren.
Er war der Sohn der Gräfin
Wilhelmine von Mellin, geb. von Kahlden
und ihres Gutsverwalters Franz Ernst Neumann.
Am 23.5.1895 starb er in Königsberg/Pr.
PROFESSOR FÜR PHYSIK UND MINERALOGIE
DER KÖNIGSBERGER SCHULE
DER MATHEMATISCHEN PHYSIK
in Mellin/Glambeck geboren.
Er war der Sohn der Gräfin
Wilhelmine von Mellin, geb. von Kahlden
und ihres Gutsverwalters Franz Ernst Neumann.
Am 23.5.1895 starb er in Königsberg/Pr.
PROFESSOR FÜR PHYSIK UND MINERALOGIE
DER KÖNIGSBERGER SCHULE
DER MATHEMATISCHEN PHYSIK
F. Neumann gilt als der Begründer der Mathematischen beziehungsweise Theoretischen Physik
in Deutschland. Einzelheiten zu seinem Leben über die auf der Gedenktafel erwähnten hinaus
und seinem wissenschaftlichen Werk findet der geneigte Leser in [1, S. 62f], [2], [3, Beiheft S. 46]
der oben erwähnten Informationstafel, [9] und [10]. Hier sei nur Leben und Werk Neumanns in Stichpunkten
skizziert, da es erstaunlich und bewundernswert ist, welche Karriere er zu seiner Zeit trotz seiner Herkunft
durchlief.
In [9] heißt es, Neumann habe erst in seiner Jugend erfahren, wer seine Mutter sei,
wohingegen in [3, Beiheft S. 46] zu lesen ist, er habe dies zeitlebens nicht gewusst:
Erst bei der Sanierung der Glambecker Kirche am Ende des 20. Jahrhunderts sei das Kirchenbuch
entdeckt worden, aus der die Identität seiner Mutter hervor gehe.
Jedenfalls ging Neumann zunächst in Joachimsthal zur Schule, legte am
Friedrichwerderschen
Gymnasium in Berlin sein Abitur ab, nachdem er zuvor als 15-Jähriger an den
Befreiungskriegen gegen Napoleon teilgenommen hatte und ihm in der
Schlacht von Ligny ein Teil des
Gesichts zerfetzt wurde. Seines Vaters Wunsch entsprechend, begann Franz Neumann dann in Berlin
Theologie zu studieren, wechselte aber bald nach Jena um dort und schließlich wieder in
Berlin Naturwissenschaften und Mathematik zu belegen.
Dort wurde er auch bei
Christian Samuel Weiss in
Mineralogie promoviert, wobei nicht unerwähnt bleiben soll, dass Weiss mathematische Methoden
in die Mineralogie einführte. Neumann habilitierte sich 1826 in Königsberg/Pr.
Dort Professor geworden, gründete er zusammen mit
Carl Gustav Jacob Jacobi
im Jahr 1834 das mathematisch-physikalische Seminar, welches für etliche Universitäten
zum Vorbild wurde.
Gustav Robert Kirchhoff
war Student des Seminars und wurde bei Neumann promoviert. Weitere Studenten des Seminars,
welches in [2] als Franz-Neumann-Seminar bezeichnet wird, waren auch
David Hilbert und
Hermann Minkowski.
Zu den vielfältigen Ehrungen, die Franz Neumann erfuhr, seinen zahlreichen Mitgliedschaften
in wissenschaftlichen Akademien sowie auf zu der noch heute exisiterenden
Franz-Neumann-Siftung, die er
anlässlich seines 50. Doktorjubiläums gründete, sei auf die genannten
Quellen verwiesen.
In unmittelbarer Nachbarschaft der Gedenkstätte befindet sich eine Informationstafel zum
„verschwundenen Dorf Mellin“ die über das Dorf Mellin aber auch über
Franz Neumann Auskunft gibt. (Es ist aber nicht die Tafel, die auf den ersten beiden Bildern auf
dieser Seite zu erkennen ist.)
Die linke Spalte der Tafel skizziert die Dorfgeschichte Mellins,
die rechte beschreibt kurz Neumanns Leben und Werk und verleiht dem Stolz der Gemeinde auf ihren Sohn,
dessen Werk noch heute bekannt und bedeutend ist, Ausdruck.
Die mittlere Spalte zeigt das
Urmesstischblatt 2948
und beschreibt das Verschwinden des Mellinsees, auch Melln genannt.
Die Umgebung der Gedenkstätte
Da sich die Gedenkstätte im
Nationalen GeoPark Eiszeitland am Oderrand befindet,
seien einige geologische Bemerkungen erlaubt, aber auch die bereits erwähnte Glambecker Kirche,
etwa 4 Wegekilometer östlich gelegen, sei zunächst einige Bemerkungen wert:
Franz Neumann wurde dort am 23. September 1798 heimlich getauft, schließlich war er unehelicher Geburt,
wenn auch einer adeligen Mutter (siehe [3, Beiheft S. 46]).
Neumanns Taufkirche ist eine der kleinsten Brandenburgs und – aus Fachwerk errichtet –
eine Arme-Leute-Kirche; heute ist sie die
Fahrradkirche Glambeck.
Die Kirchenchronologie liest sich wie folgt:
|
Auf der vom Autor am 15. Mai 2013 vorgenommen Rundwanderung – in der Karte weiter unten
zyanfarben dargestellt – vom Bahnhof Joachimsthal zur Gedenkstätte und zurück durchquert
man ein
Binnendünengebiet, ja sogar die
Deflationswanne einer
Parabeldüne1).
Auf der Streckenwanderung – in der Karte magentafarben dargestellt –
von Altkünkendorf nach Joachimsthal passiert man nordwestlich der Fahrradkirche, noch vor dem
Glambecker See, die Hütte „Gletscherblick“. Tatsächlich erkennt auch ein
geologischer Laie wie der Autor, der lediglich ein begeisterter Geowanderer ist, die weiche vom
Inlandeis hinterlassene Landschaftsform, die jener der
Buckowseerinne nördlich von Eberswalde
ähnelt.
GPS-Tracks der beiden Wanderungen vom 30. April und vom 15. Mai 20132)
Referenzen
[1] | Joachim Bandau: Gedenksteine und Forstorte in der Schorfheide, 3. erweiterte Auflage 2013, Eigenverlag des Autors, Vertrieb über Schorfheide-Information, Töpferstr. 1, 16247 Joachimsthal | |
[2] | Homepage zur Gelehrtenfamilie Hagen - Bessel - Neumann - Koenig von der Albertus-Universität Königsberg | |
[3] | Kompass Wanderkarte 744: Schorfheide Uckermark – Barnim mit Beiheft, ISBN 978-3-85491-504-1 | |
[4] | Landesvermessung und Geobasisinformation Brandenburg: Topographische Freizeitkarte Barnimer Land, Schorfheide, Ausgabe 2012, ISBN 978-3-7490-4156-5 | |
[5] | Landesamt für Bergbau, Geologie und Rohstoffe Brandenburg, Landesvermessung und Geobasisinformation Brandenburg: Geologische Übersichtskarte Landkreis Barnim mit Beiheft, Ausgabe 2014, ISBN 978-3-7490-4187-9 | |
[6] | OpenStreetMap (OSM) Digitale Freizeitkarte DEU+, Version 20.4 | |
[7] | Georg Schulz: Lexikon zur Bestimmung der Geländeformen in Karten, Berliner geographische Studien, Band 28, 4. Auflage, 2003 | |
[8] | Wikipedia (deutsch): Mellin (Friedrichswalde) | |
[9] | Wikipedia (deutsch): Franz Ernst Neumann (Physiker) | |
[10] | Wikipedia (englisch): Franz Ernst Neumann |
Bildnachweis
alle Fotos | Michael E. Klews, Berlin, 2013 |
1) Im betreffenden Artikel von Wikipedia wird leider nicht
das Vorkommen von Parabeldünen im Binnenland erwähnt, a fortiori also auch nicht ihr Auftreten in
Brandenburg, siehe dazu aber [7]). Das hier durchquerte Gebiet ist allerdings nicht so eindruckvoll
wie die Dünen westlich von Joachimsthal und bei Groß Schönebeck.
Beide Gebiete sind aber auf [5] verzeichnet und auch die Höhenlinien auf [4] lassen sie
erkennen.
2) Der Kartenausschnitt mit den Tracks liegt auch im Format
SVG
(skalierbare Vektorgrafik, englisch: Scalable Vector Graphics) vor
(franz-ernst-neumann_wanderungen.svg).
Die Quelle für das allgemeine Datenmaterial ist OpenStreetMap (OSM).