Mathematischer Ort des Monats März 2021
Mathematikwettbewerb Känguru e. V. in Berlin-Adlershof
von Monika Noack
 
Kaenguru
Logo für den Känguru-Wettbewerb
 
Mathematik für Lernende, besonders für Lernende in der Schule, attraktiv zu machen, ist eine herausfordernde Aufgabe. Überall in der Welt gibt es Schülerinnen und Schüler, die in ein lautes Stöhnen verfallen, wenn von Mathematik die Rede ist. Im Gegenzug grübeln Mathematiklehrende, die um die Bedeutung ihres Faches für den Gebrauch auf anderen Wissensgebieten und für die Allgemeinbildung wissen, wie sich die Begeisterung fürs Erlernen der Mathematik ein bisschen steigern lassen könnte. Hochschulmathematiker aus Australien kamen in den siebziger Jahren auf die Idee, einmal im Jahr einen Wettbewerb anzubieten, an dem viele, möglichst alle Schülerinnen und Schüler teilnehmen sollten – und wollen. Dazu müssten die Aufgaben nicht zu schwer, aber anregend sein, das Spektrum der Aufgaben so breit sein, dass jede und jeder etwas findet, was sich lösen lässt und dabei noch Spaß macht. Um das Lustmachen auf Mathematik sollte es gehen, nicht so sehr um das Finden der Besten. Und man hat bei dieser „Australian Mathematics Competition“ etwas weggelassen, das sonst den Kern des Mathematiktreibens ausmacht (oder doch ausmachen sollte), das Begründen.
Die Idee für den Wettbewerb (bei dem aus jeweils vorgegebenen Antworten die richtige zu finden ist) kam nach Europa, als zwei französische Mathematiker ihre australischen Kollegen besuchten und dort erlebten, wie gut dieser Wettbewerb ihrem Wunsch, Mathematik populär zu machen, entgegenkam; sie gewannen einige Mitstreiter und begannen 1991 mit dem „Kangourou des Mathématiques“ in Frankreich, und weil der Wettbewerb dort so erfolgreich war, kurz danach in Europa.
In Deutschland erfuhren Mitglieder des in Berlin für die Organisation der Berliner Landesrunde der Deutschen Mathematik-Olympiade verantwortlichen Vereins 1994 von dem Wettbewerb. Sie ließen sich die Aufgaben nach Berlin schicken, übersetzten diese und machten aus den Texten ansprechende Mathematikaufgaben. Drei Berliner Schulen wurden für eine Testteilnahme gewonnen, und aus diesen Schulen nahmen insgesamt 184 Schülerinnen und Schüler teil, bezahlten je 3 DM für den Spaß, den es ihnen machte, und erhielten als „Preis für alle“ je ein Heft der damals noch existierenden Zeitschrift „Alpha – Mathematik als Hobby“ sowie von der in Frankreich gekauften französischen Zeitschrift „Tangente“.
Im Jahre 1994 wurde in Frankreich – von damals 10 Ländern – die internationale Association „Kangourou sans frontières“ gegründet, deren wesentliches Ziel neben der Festlegung der „Spielregeln“ für den Wettbewerb darin bestand und besteht, dafür zu sorgen, dass es Jahr für Jahr etwa 150 interessante, anregende zum Lösen verlockende Aufgaben gibt.
In der schon erwähnten „Alpha“ wurde bereits im April 1995 über die Existenz des Känguru-Wettbewerbs informiert und zur Teilnahme im Jahr 1996 eingeladen. Es meldeten sich neben den drei Berliner weitere 21 Schulen, bunt über das Bundesgebiet verteilt, mit insgesamt etwas über 1000 Teilnehmern. Die Organisation des Wettbewerbs in Deutschland übernahm eine kleine Arbeitsgruppe, anfangs unter dem Dach des Vereins, der die Mathematikolympiade in Berlin organisiert. Seit 1999 ist der gemeinnützige Verein „Mathematikwettbewerb Känguru e. V.“ verantwortlich.
Der Wettbewerb erfreut sich sowohl wegen der attraktiven Aufgaben als auch wegen der unterschiedlichen Preise bei Kindern, Jugendlichen und den Lehrkäften großer Beliebtheit. Das zeigt sich in den Teilnehmerzahlen, die von den erwähnten 184 auf weit über 900.000 gestiegen sind (2020 allerdings gab es coronabedingt deutlich weniger Teilnehmer). Besonders erfreulich ist, dass unter den 11.800 Schulen, die 2019 teilnahmen, alle Schularten zahlreich vertreten sind – nicht nur, wie zu erwarten, die Gymnasien.

Ablauf, Preise

Der Wettbewerb findet dezentral am 3. Donnerstag im März an den Schulen statt. Es ist ein Einzelwettbewerb, bei dem in 75 Minuten je 24 Aufgaben in den Klassenstufen 3/4 und 5/6 bzw. je 30 Aufgaben in den Klassenstufen 7/8, 9/10 und 11-13 zu lösen sind. Die Teilnahme ist freiwillig. Alle Teilnehmer erhalten neben einer Urkunde mit der erreichten Punktzahl und einer Broschüre mit den Aufgaben, Lösungen und weiteren mathematischen Knobeleien auch ein kleines Knobelspiel als sogenannten „Preis für alle“.
Für die deutschlandweit ca. 5% Punktbesten gibt es 1., 2. und 3. Preise, das sind Experimentierkästen, anspruchsvolle Brettspiele, Bücher, Puzzles, Kartenspiele. In jeder Schule erhält derjenige Teilnehmer bzw. diejenige Teilnehmerin, der/die die längste Kette von hintereinander richtig gelösten Aufgaben, den sogenannten „weitesten Kängurusprung“ geschafft hat, ein T-Shirt.
Obwohl es sich um einen Breitenwettbewerb handelt, zeigen sich auch hier – vor allem bei den Älteren – deutliche Spitzenleistungen. Daher wird die Möglichkeit genutzt, für diese und entsprechend ebenso hervorragende junge Mathematiker der Jahrgangsstufen 9 und 10 aus den benachbarten Ländern Polen, Niederlande, Schweiz, Österreich, Tschechien, Slowakei und Ungarn jährlich ein anspruchsvolles Mathe-Camp in der Nähe von Berlin zu organisieren. Für die sechs Besten aus der Jahrgangsstufe 7/8 findet ein Dreiländermathewettbewerb DATCH in der Schweiz statt.

Organisation, Auswertung, Finanzierung

Das gesamte Geschehen mit und um den Känguru-Wettbewerb in Deutschland wird von dem beim Verein angesiedelten Büro organisiert. Der Verein hat seinen Sitz am Institut für Mathematik der Humboldt-Universität zu Berlin. Er beschäftigt insgesamt vier Mitarbeiter, deren Aufgabe sowohl in der Mitarbeit bei der Entwicklung der Aufgaben und des Profils dieses internationalen Wettbewerbs besteht wie auch in der gesamten Organisation für Deutschlands Schulen. Hinzu kommen eine Reihe von ehrenamtlichen Helfern und einige Hilfskräfte für Verpackungsarbeiten. Die Aufgaben selbst ebenso wie die der Nachhaltigkeit des Wettbewerbs dienenden Broschüren, die neben den Teilnehmern auch die einbezogenen Lehrkräfte erhalten, werden von den Mitarbeitern des Büros druckfertig erarbeitet. Die gesamte Logistik für das Versenden der Aufgaben und der Pakete mit Urkunden, Broschüren, Preisen usw. wird durch das Büro wie auch in bedeutendem Umfang die Verpackungsarbeiten geleistet. Die Kommunikation mit den fast 12.000 Schulen stellt eine gewaltige Herausforderung für die wenigen Kräfte dar.
Der Wettbewerb finanziert sich ausschließlich über das Startgeld von 2,00 € pro Teilnehmer, ausgenommen eine Förderung des Wettbewerbs durch das Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) und die Telekom-Stiftung im Jahr der Mathematik 2008. Unterstützung erfährt der Wettbewerb durch das Institut für Mathematik der Humboldt-Universität.
Weitere Informationen finden sich auf www.mathe-kaenguru.de.
 

Bildnachweis

Grafik   © Mathematikwettbewerb Känguru e. V.