Verlegung der Stolpersteine für Alexander Grothendieck und dessen Eltern am 22. März 2017 in Berlin-Mitte
von Wolfgang Volk
 
Am Ende des Tages waren vor dem Haus mit der Adresse Brunnenstr. 165 im Berliner Stadtbezirk Mitte drei weitere Stolpersteine in den Boden eingelassen. Nachstehend sollen die Geschehnisse rund um die Verlegung dieser Stolpersteine dokumentiert werden und so die dauerhafte Erinnerung ermöglichen, sowie all jenen, die nicht dabei sein konnten, einen Einblick gewähren.
Stolpersteine
Stolpersteine für Alexander Grothendieck und dessen Eltern
 
Die Bilder auf dieser Seite sind bezüglich des Datenvolumens optimiert. Darunter leidet die Auflösung und so sind Details nicht unbedingt gut zu erkennen, weshalb die Beschriftung der Stolpersteine nachstehend gut lesbar wiedergegeben wird. Abgekürzte Worte sind ausgeschrieben und die Interpunktion ergänzt, teilweise sind Verhältnis- und Bindewörter – in eckigen Klammern – ergänzt.
Hier wohnte
Alexander
Schapiro

Jahrgang 1889
Flucht 1933 [nach] Frankreich,
interniert [in] Drancy,
deportiert [am] 19.8.1942,
ermordet in
Auschwitz
  Hier wohnte
Alexander
Grothendieck

Jahrgang 1928
Flucht 1939 [nach] Frankreich,
interniert [in] Rieucros,
1942 geflohen [und]
mit Hilfe überlebt
  Hier wohnte
Johanna 'Hanka'
Grothendieck

Jahrgang 1900
Flucht 1934 [nach] Frankreich,
interniert [in] Rieucros,
1942 geflohen [und]
mit Hilfe überlebt
 
Zur Verlegung der Stolpersteine war von Frau Prof. Sylvie Paycha, der Studienrätin Ines Kumanoff und Herrn Dr. Chandrashekar Devchand für den 22. März um 13 Uhr eingeladen worden (siehe dieses Schriftstück). Unter ansprechend großem Publikum erfolgte die Verlegung der drei Stolpersteine für die Mitglieder der Familie Grothendieck durch den Künstler und „Erfinder der Stolpersteine“ Gunter Demnig persönlich (siehe die nachstehende Bildfolge).
Stolperstein-Verlegung durch Gunter Demnig
Gunter Demnig bei der Verlegung der Stolpersteine
 
Zum Publikum zählten auch die Schülerinnen und Schüler der Klasse 9/3 des Heinrich-Hertz-Gymnasiums. Ihr Mitschüler Karl Hein gibt die „Variationen über ein Lied“ von Carl Philipp Emanuel Bach auf seiner Trompete zu Gehör.
Trompetensolo
Karl Hein spielt ein Trompetensolo
Anschließend bat Frau Paycha alle Anwesenden in das vegane Café Süßer Wolz, das im Haus, vor dem gerade die Stolpersteine verlegt wurden, angesiedelt ist. Nur etwa die Hälfte der Anwesenden fanden eine Sitzgelegenheit. Wie auf den Bildern zu erkennen ist, mussten auch viele mit Stehplätzen vorlieb nehmen.
Zur Stolperstein-Verlegung wollte auch der französische Botschafter Philippe Étienne – der seinerzeit die Staatsprüfung in Mathematik ablegte – kommen, musste seine Teilnahme aber leider absagen, da zeitgleich die Vereidigung des neuen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier stattfand. Vertreten wurde der Botschafter durch die Botschaftsattachée für Wissenschaft und Technologie, Frau Prof. Jolanta Lewandowska. So begann der zweite Teil der Veranstaltung mit dem Grußwort, das der Stellvertretende Vorsitzende der Deutschen Mathematiker-Vereinigung Prof. Friedrich Götze aus Bielefeld übermittelte. Anschließend begrüßte Frau Prof. Paycha die Anwesenden, dankte allen mit der Vorbereitung Befassten und den Mitwirkenden. So sind unter anderem je ein Stolperstein von den Schülern der anwesenden Klasse 9/3 des Heinrich-Hertz-Gymnasiums mit den Einnahmen von einem Kuchenbasar, von Prof. Winfried Scharlau und von einem Deutschlehrerkurs am Goethe-Institut in Washington DC gespendet worden.
Friedrich Goetze
Herr Prof. Friedrich Götze bei seinem Grußwort
Sylvie Paycha
Frau Prof. Sylvie Paycha bei ihrer Ansprache
 
Danach sorgten Mahdia Ramazani und Whalid Salana, zwei Kinder aus der Notunterkunft für Flüchtlinge in Moabit mit ihrem Mentor Demetrios Karamintzas und ihren Flöten mit den zwei israelischen Volksliedern Laili Jan und Kol Dodi zur musikalischen Unterhaltung bei. (Die Musikgruppe Moabiter Zauberflöte wird von Demetrios Karamintzas mit der Unterstützung von Bettina Pohl geleitet.) Diesem Intermezzo schloss sich dann der Vortrag von Prof. Winfried Scharlau über die Lebensläufe von Alexander Grothendieck und seiner Eltern an.
Floetenkonzert
Flüchtlingskinder aus der Notunterkunft Moabit und ihr Mentor beim Flötenkonzert
Winfried Scharlau
Herr Prof. Winfried Scharlau bei seinem Vortrag
 
Die nachstehende Bildsequenz gibt stichpunktartig einen kleinen Einblick in das präsentierte Bildmaterial zum Vortrag. Wegen des unerwartet großen Besucherandrangs konnte nicht die aufgestellte Projektionsfläche genutzt werden, sondern es wurden die "Folien" per dem mit ruhiger Hand gehaltenen Projektor an einen höhergelegenen Teil der Wandfläche wiedergegeben.
Stolperstein-Verlegung durch Gunter Demnig
Vortragtitel: Lebensläufe der Familie Grothendieck
 
Dem Vortrag folgt zunächst noch ein musikalisches Zwischenspiel bevor von den Mitarbeitern des Cafés sowohl herzhaftes und auch süßes Backwerk aufgetischt wird.
Musikbeitrag von Schuelern des Heinrich-Hertz-Gymnasiums
Josephine Fröhlich am Cello und Maja Hilt an der Klarinette spielen Werke von Wolfgang Amadeus Mozart
 
Nach der Pause sind alle noch zu einem Gespräch eingeladen, das mit einem fachlichen Beitrag von Prof. Gavril Farkas beginnt. Der Mathematiklehrer Peter Kreißig erläuterte anschließend das Schulprojekt um Alexander Grothendieck, das vornehmlich die Fächer Mathematik und Geschichte betraf. Unter anderem meldeten sich auch einige Schüler zu ihren Erfahrungen mit dem Schulprojekt zu Wort.
Gavril Farkas
Herr Prof. Gavril Farkas bei seinem Redebeitrag
Peter Kreissig
Herr StR Peter Kreißig erläutert die Schulprojekte zu A. Grothendieck
 
Musikbeitrag von Schuelern des Heinrich-Hertz-Gymnasiums
Prof. Peter Scholze
 
Prof. Peter Scholze – selbst Absolvent des Heinrich-Hertz-Gymnasiums – hatte bereits am Vormittag sich des schwierigen Unterfangens angenommen, Schülern der Oberstufe und auch einigen der 9. und 10. Klassen die Lebensleistung von Alexander Grothendieck in einem Vortrag zu vermitteln (siehe auch diesen Artikel).
 

Bildnachweis

alle Aufnahmen   Wolfgang Volk, Berlin