Buch des Monats Oktober 2019

Grundlagen der Geometrie

David Hilbert
 
Hilbert: Grundlagen der Geometrie

Beschreibung

von Martin Skrodzki
In der Rubrik Buchtipps wird seit März 2014 normalerweise monatlich ein aktuelles populärwissenschaftliches Buch vorgestellt, das sich thematisch mit Mathematik auseinandersetzt. In diesem Monat soll von diesem Schema abgewichen werden, um ein Jubiläum zu feiern. Vor 120 Jahren erschien die erste Auflage von David Hilberts1) „Grundlagen der Geometrie“. Dieser besonderen Schrift und ihrer Wirkung soll die vorliegende Besprechung gewidmet sein. Die Wichtigkeit der von Hilbert präsentierten Inhalte lässt sich daran ermessen, dass sein Werk 1999 in der vierzehnten Auflage erschienen ist. Jedoch fällt es vor allem in eine Zeit des mathematischen Umbruchs.
Hilbert: Grundlagen der Geometrie
Beginn des ersten Kapitels aus Hilberts „Grundlagen der Mathematik“2)
David Hilbert schreibt sein Buch im Jahr 1899 inmitten der sogenannten „Grundlagenkrise“ der Mathematik. Die erste Auflage erscheint als Tell der Festschrift zur Enthüllung des Gauß-Weber-Denkmals3) in Göttingen. Damit liegt es noch vor der berühmten Rede Hilberts auf dem Internationalen Mathematikerkongress 1900, der während der Weltausstellung in Paris tagte. Hier formulierte Hilbert seine 23 Probleme für das 20. Jahrhundert4). Die „Grundlagen der Geometrie“ sind sein Beitrag dazu, ein umfassenderes Programm durchzuführen, dass er selbst wie folgt beschreibt:
„Das Ziel, die Mathematik sicher zu begründen, ist auch das meinige; ich möchte der Mathematik den alten Ruf der unanfechtbaren Wahrheit, der ihr durch die Paradoxien der Mengenlehre verlorenzugehen scheint, wiederherstellen; aber ich glaube, dass dies bei voller Erhaltung ihres Besitzstandes möglich ist.“5)
Während die mathematische Fachwelt also mit der Einführung von Cantors Mengenlehre ringt, versucht David Hilbert, das Gebiet der Geometrie – das in seiner Axiomatik bereits auf Euklid zurück geht – so abzusichern, dass es beweisbar keine Widersprüche in den Axiomen geben kann. Damit greift er größeren Vorhaben, wie der „Principia Mathematica“ von Bertrand Russel und Alfred North Whitehead vor, die ähnliches für die gesamte Mathematik versuchen.
Entsprechend gewichtig wurde die Schrift Hilberts aufgenommen. Konrad Zindler schreibt in den Monatsheften für Mathematik und Physik 1904 zu zweiten Auflage, dass „dieses Werk noch lange Zeit in allen Forschungen über die Grundlagen der Geometrie seine Spuren zurücklassen“ wird6). Die vierte Auflage bezeichnet W. Groß in den Monatsheften für Mathematik und Physik 1915 bereits als „klassisches Werk der Mathematik“7). In ursprünglich sieben Kapiteln präsentiert Hilbert nicht nur sein Axiomensystem, sondern auch die Unabhängigkeit der Axiome voneinander. Dies führt in letztere Konsequenz zu den nichteuklidischen Geometrien8), Nichtstandard-Systemen9), sowie analytischen Geometrien10) über den reellen Zahlen. Hilbert legt mit seinem Werk somit die Grundlage für die moderne Geometrie des 20. Jahrhunderts.

1) Mehr zu David Hilbert in der Wikipedia
2) Mehr zum Denkmal in der virtuellen Ausstellung von Wolfgang Volk
3) Quelle: http://www.syllogismos.it/libristorici/hilbert.htm
4) Mehr zu den 23 Problemen in der Wikipedia
5) D. Hilbert: Neubegründung der Mathematik. Erste Abhandlung. In: Abhandl. aus dem Math. Seminar d. Hamb. Univ., Bd. 1, S. 157–177 (1922), veröffentlicht in Gesammelte Werke, Bd. 3, Kapitel 10.
6) Quelle: https://link.springer.com/article/10.1007/BF01692398
7) Quelle: https://link.springer.com/article/10.1007/BF01999458
8) Mehr zu nichteuklidischer Geometrie in der Wikipedia
9) Mehr zu Nichtstandard-Systemen in der Wikipedia
10) Mehr zu analytischer Geometrie in der Wikipedia
 

Bibliografische Daten

Autor:David Hilbert
Titel:Grundlagen der Geometrie
Verlag:Verlag von B. G. Teubner, Leipzig
URL:https://archive.org/details/grunddergeovon00hilbrich/page/n9