Buch des Monats Juli 2018

Die Gleichung des Lebens

Norman Ohler
 
Ohler: Die Gleichung des Lebens

Beschreibung

von Martin Skrodzki
Im Sumpf wird eine Leiche gefunden: Der Leiter eines bedeutenden Bauprojekts. Aus der Hauptstadt reist der klügste Kopf des Landes an, an seiner Seite ein Mann, der ihn unterstützt. Gemeinsam werden sie — soviel sei verraten — den Fall lösen. Was hier nach einer weiteren Geschichte rund um den britischen Meisterdetektiv Sherlock Holmes klingt, hat jedoch ganz andere Rahmenbedingungen. Zunächst die Zeit: Der Mord und seine Aufklärung finden im Sommer 1747 statt. Dann der Ort: Der Sumpf liegt in Brandenburg, bei Wrietzen und Lewin; mit der Hauptstadt ist dann natürlich Berlin gemeint, auch wenn der König in Potsdam residiert. Bleiben die Protagonisten: Rumi, armenischer Schreiber des Königs, steht niemand geringerem als Unterstützung bei den Ermittlungen zur Seite als dem schweizer Mathematiker Leonhard Euler. Dieser wird vom König beauftragt die Berechnungen zur Trockenlegung des Oderbruchs durchzuführen und parallel den Mordfall zu lösen.
Da zur Zeit Eulers die moderne Kriminologie mit ihren Ermittlungsmethoden noch nicht entwickelt ist, muss Euler sich seiner Intuition bedienen und der logischen Schlussfolgerungen, wie er sie in seinen mathematischen Arbeiten verwendet und trainiert. Der königliche Kammerdirektor, Wilhelm von Schmettau, begründet: „Gerade weil Sie Mathematiker sind, bin ich so von dem Gedanken durchdrungen, Sie bei dieser Aufklärung involviert zu sehen. Wir sind ein moderner Staat, also greifen wir zu modernen Methoden. Stellen Sie sich den Fall um den armen Mahistre als ein mathematisches Problem vor. Als eine Gleichung, wenn Sie so wollen.“ Dieses Bild der Gleichung zieht sich fortan durch den Roman.
Zunächst erscheinen immer neue und weitere Variablen in der Gleichung, die Leonhard Euler zu lösen sucht. Wie stehen die Bewohner des Oderbruchs zur geplanten Trockenlegung und den Plänen des Königs, vermehrt Kartoffeln anzubauen? Welche Beweggründe hat der nahezu bankrotte Vetter des Königs, Markgraf Karl von Brandenburg, Herrenmeister der Johanniter? Wie steht die Stadt Wrietzen zu den Umbrüchen? Schnell entspinnt sich eine Geschichte zwischen alten, bewahrten Traditionen und einem Fortschritt, der sich nicht aufhalten lassen will. In diese Zeit versetzt der Autor Norman Ohler seine Leserinnen und Leser mit hier und dort eingestreutem zeitlich passenden Vokabular. Euler nutzt ein Flammholz, um seine Pfeife anzuzünden und es wird teutscher Caffe getrunken. Zusammen mit den detaillierten Landschaftsbeschreibungen des wunderschönen Oderbruchs ergibt sich eine spannende Erzählung, welche die rund 400 Seiten wie im Flug vorüber ziehen lässt.
 

Bibliografische Daten

Autor:Norman Ohler
Titel:Die Gleichung des Lebens
Verlag:Kippenheuer & Witsch
ISBN:978-3462049688
Preis:22,00 €