Nachruf
Rudolf Gorenflo (1930 - 2017)
von Konrad Polthier1)
 
Rudolf Gorenflo
Rudolf Gorenflo
 
Am 20. Oktober 2017 ist der Mathematiker Rudolf Gorenflo, Professor Emeritus an der Freien Universität Berlin und Mitglied der Berliner Mathematischen Gesellschaft, nach langer Krankheit im Alter von 87 Jahren in Berlin friedlich entschlafen. Trotz seiner Krankheit war er bis zuletzt aktiv und ein vielgesehener Gast bei wissenschaftlichen Veranstaltungen.
Geboren wurde Rudolf Gorenflo am 31. Juli 1930 in Friedrichstal nahe Karlsruhe. An der Technischen Universität Karlsruhe studierte er Mathematik und Physik (1950 – 1956) und promovierte in Mathematik im Jahr 1960 mit einer Arbeit zur Funktionentheorie. Bei einem zweijährigen Aufenthalt bei Standard Elektrik Lorenz (SEL) in Stuttgart (1961 – 1962) lernte er moderne elektronische Rechenanlagen und das junge Gebiet der Informatik kennen. Während der Jahre 1962 – 1970 forschte er am Max-Planck-Institut für Plasmaphysik in Garching an der Schnittstelle von Mathematik und Physik unter besonderem Einsatz von Computersimulationen. Seine Habilitation in Mathematik legte er 1970 an der RWTH Aachen ab, wo er auch zeitnah zum Professor berufen wurde und während der Jahre 1971 – 1973, bis auf einen Gastaufenthalt an der Universität Heidelberg, arbeitete. Im Jahr 1973 wurde Rudolf Gorenflo zum C4-Professor an die Freie Universität Berlin berufen, wo er bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1998 und darüber hinaus wirkte.
Seine frühen Forschungen bauten auf seinen guten Kenntnissen in der Funktionentheorie aus der Promotionsphase sowie den bei SEL gewonnenen praktischen Kenntnissen von elektronischen Rechenanlagen auf und widmeten sich unter anderem den Themen Integralgleichungen vom Abelschen Typ, inverse Probleme und Diskretisierung von parabolischen Differentialgleichungen. Um 1990 begann Rudolf Gorenflo sich für gewöhnliche und partielle fraktionale Differentialgleichungen zu interessieren, woraus eine intensive und fruchtbare Zusammenarbeit mit Francesco Mainardi und anderen Kollegen folgte. Seine wissenschaftlichen Ergebnisse sind in mehreren Büchern und gut 180 Forschungsartikeln erschienen; zur Vielfalt seiner Forschungsthemen und Koautoren sei auf die Referenzen verwiesen [1][2].
Rudolf Gorenflo hat sich in vielfältiger Weise für die Mathematik engagiert und Verdienste erworben. Er wurde in das Herausgebergremium mehrerer Fachzeitschriften berufen, darunter war er einer der Gründungsherausgeber der Zeitschrift Fractional Calculus and Applied Analysis. Er war Leiter mehrerer Forschungsprojekte sowie Gastprofessor in Tokio. Von 1982 – 1989 war Rudolf Gorenflo Direktor des 3. Mathematischen Instituts der FU Berlin, und fast zeitgleich von 1979 – 1984 Vorsitzender und von 1984 – 1988 Stellvertretender Vorsitzender der Berliner Mathematischen Gesellschaft, an deren Vorstandssitzungen er bis in das vergangene Jahr als Beisitzer regelmäßig teilnahm.
Am 24. Juni 2011 veranstaltete die Berliner Mathematische Gesellschaft ein Festkolloquium anlässlich seines 80. Geburtstags. Zu diesem Jubiläum ist mit [2] eine ausführliche Biographie erschienen.
Rudolf Gorenflo war seit 1959 verheiratet, er hat zwei Söhne und eine Tochter.
Die Trauerfeier für Rudolf Gorenflo mit anschließender Beisetzung wird am 10. November um 10 Uhr in der Dorfkirche Schöneberg stattfinden [4].
Rudolf Gorenflo
Rudolf Gorenflo und Prof. S. Ponnusamy mit der Statue für Srinivasa Ramanujan in Chennai im Jahr 2013
 

Referenzen

[1]   Homepage von Rudolf Gorenflo an der FU Berlin.
[2]   Professor Rudolf Gorenflo and his contribution to fractional calculus, von Yuri Luchko, Francesco Mainardi und Sergei Rogosin, in: Fractional Calculus and Applied Analysis 14 nr. 1 (2011), S. 3 – 18
https://www.degruyter.com/downloadpdf/j/fca.2011.14.issue-1/s13540-011-0002-z/s13540-011-0002-z.pdf
[3]   Professor Rudolf Gorenflo – Citation for His 85th Birthday, von Francesco Mainardi, in: New Trends in Analysis and Interdisciplinary Applications – Selected Contributions of the 10th ISAAC Congress, Macau 2015, Eds.: Pei Dang, Min Ku, Tao Qian, Luigi G. Rodino, Springer – Birkhäuser, 2017, S. XV – XVIII
[4]   Traueranzeige
 

Bildnachweis

Porträt   entnommen aus [3]
Denkmal   aus Besitz von Rudolf Gorenflo, 2013

1) mit dankenswerter Unterstützung durch Heinrich Begehr, Yuri Luchko und Wolfgang Volk.