Mathematischer Ort des Monats Juli 2024
Straßenschild zum Bürgipfad in Berlin-Lichterfelde
nebst Würdigung von Jost Bürgi im öffentlichen Raum
von
Wolfgang Volk
Es gibt in Berlin und Umgebung eine ganze Reihe von Straßen und Wegen,
deren Namensgeber Mathematiker(innen) sind. So auch der Bürgipfad
in Berlin-Lichterfelde. Diese öffentliche Straße ist nach
Jost Bürgi (1552-1632) benannt.
Auch wenn dessen Vorname auf der Ergänzungstafel mit Justus notiert ist,
so wird sein Vorname meist mit Jost – gelegentlich auch mit
Jobst – angegeben (siehe [1], [5]).
Jost Bürgi wurde am 28. Februar 1552 in Lichtensteig im Toggenburg (heute im Kanton
Sankt Gallen in der Schweiz) geboren, absolvierte eine Lehre als Uhrmacher und stand
ab 1579 in den Diensten des an astronomischen Fragestellungen interessierten Landgrafen
Wilhelm IV. von
Hessen-Kassel (1532-1592) und später zusammen mit
Johannes Kepler (1571-1630)
in Diensten am Hofe des Kaisers des heiligen Römischen Reichs
Rudolf II. (1552-1612) in Prag.
Er besuchte gelegentlich seine frühere Wirkungsstätte in Kassel und verstarb
dort am 31. Januar 16321) im Alter von 79 Jahren.
Kein Wunder, dass sich J. Bürgi aufgrund seiner Ausbildung primär als
Instrumentenbauer hervorgetan hat, verschiedene Museen zeigen Exponate seiner Kunst
(siehe auch weiter unten).
Neue Forschungsergebnisse deuten zudem darauf hin, dass den Leistungen J. Bürgis
als Beobachter eine größere Bedeutung bei den Berechnungen J. Keplers zukommt,
als bislang angenommen [3].
Seit Dezember 2017 würdigt der Geburtsort Jost Bürgis, Lichtensteig im Toggenburg,
seinen berühmten Sohn mit einem Gedenkstein im
Schabeggweg.2)
Eine eingelegte Metalltafel zeigt ein Porträt von ihm. Darunter ist sein Name
wiedergegeben, wobei zwischen Vor- und Zunamen eine globusförmige Grafik zu erkennen
ist. Ferner sind noch die Berufsbezeichnung Mathematiker sowie die Lebensspanne
mit dem Geburtsjahr 1552 und dem Sterbejahr 1632 angegeben.
Gleichermaßen würdigt auch die württembergische Gemeinde Weil der Stadt
ihrerseits ihren Sohn Johannes Kepler mit einem monumentalen Denkmal auf dem zentralen
Marktplatz. Eine Besonderheit dieses Denkmals sind die an den vier Ecken des Sockels
ausgearbeiteten Nischen, in denen Standbilder von vier wissenschaftlichen Weggefährten
Keplers3) aufgestellt sind. Diese sind (in alphabetischer
Reihenfolge):
- Tycho Brahe (1546-1601), J. Keplers Vorgänger als Hofmathematiker in Prag,
- Jost Bürgi, hier mit Jobst Byrg bezeichnet,
- Nikolaus Kopernikus (1473-1543), Begründer des heliozentrischen Weltbilds, sowie
- Michael Mästlin (1550-1631), J. Keplers Lehrer und Förderer.
Wie bereits angemerkt, verstarb Jost Bürgi am 31. Januar 1632 in Kassel; sein Grab ist
allerdings nicht mehr erhalten. Das Gelände des aufgelassenen Altstädter Friedhofs
das in der letzten Dekade des 19. Jahrhunderts mit der Lutherkirche bebaut wurde, wird heute als
Lutherplatz bezeichnet. Zahlreiche Grabstellen sind noch vorhanden – unter anderen
auch die Gräber der Mutter Dorothea und der Schwester Lotte Amalie von den Gebrüdern Grimm.
In deren Nähe wiederum findet man eine wie ein Erdgrab gestaltete Gedenktafel für
Jost Bürgi.
Diese zeigt mit erhabenen Lettern die posthume Würdigung:
Auf
diesem Friedhof
liegt begraben:
der landgräflich-
hessische und
kaiserliche Uhrmacher
sowie Mathematiker
Jost Bürgi.
Geboren: 28.2.1552 in
Lichtensteig, Schweiz.
Gestorben: 31.1.1632 in Kassel.
1579 – 1604 und in späteren
Jahren tätig in Kassel als
genialer Konstrukteur
von Messinstrumenten
und Himmelsgloben,
Erbauer der
genauesten Uhren
des 16. Jahrhunderts,
Erfinder der
Logarithmen.
liegt begraben:
der landgräflich-
hessische und
kaiserliche Uhrmacher
sowie Mathematiker
Jost Bürgi.
Geboren: 28.2.1552 in
Lichtensteig, Schweiz.
Gestorben: 31.1.1632 in Kassel.
1579 – 1604 und in späteren
Jahren tätig in Kassel als
genialer Konstrukteur
von Messinstrumenten
und Himmelsgloben,
Erbauer der
genauesten Uhren
des 16. Jahrhunderts,
Erfinder der
Logarithmen.
Zur letzten Aussage, jene bezüglich der Logarithmen, ist anzumerken, dass Jost Bürgi ein
Zeitgenosse von
John Napier (1550-1617) war.
Man geht davon aus, dass beide unabhängig voneinander das Rechnen mit Logarithmen
entwickelten.
In verschiedenen Museen findet man Instrumente und Globusuhren aus der Hand Jost
Bürgis.4) Die nachstehend abgebildete Briefmarke
ist Teil eines im Jahr 1972 in der Deutschen Demokratischen Republik herausgegebenen
Briefmarkensatzes. Sie zeigt eine Zeichnung einer von J. Bürgi um das jahr 1590
gefertigten Globusuhr.
Auch das
Museo Galileo5)
in Florenz zeigt Exponate, die auf Jost Bürgi zurückgehen. Die
virtuelle Variante dieses Museums ist
in englischer Sprache ausgearbeitet und zeigt – hier ausschließlich auf
Jost Bürgi beschränkt – eine
Kurzbiografie und
Beschreibungen eines
Triangulationsinstrument
wie auch eines
Militärinstruments,
die jeweils auf J. Bürgi zurückgehen.
Referenzen
[1] | Jost-Bürgi-Forum: Jost Bügi, das mathematisch-technische Universaltalent, Homepage | |
[2] | Fritz Staudacher: Synoptische Zeittafel, 2018, Download von [1] | |
[3] | Fritz Staudacher: Neue Erkenntnisse zur Keplerschen Wende, 2021, Download von [1] | |
[4] | Wolfgang Volk: Keplerdenkmal in Weil der Stadt, virtuelle Ausstellung Zeugnisse zu Mathematikern | |
[5] | Wikipedia: Jost Bügi |
Bildnachweis
Straßenschild | Wolfgang Volk, Berlin, Januar 2020 | |
Gedenkstein | Quelle: Datei:Jost Bürgi (1552–1632) Gedenkstein in Lichtensteig (SG) (0).jpg, Urheber ist „EinDao“, die Verwendung ist konform zur Creative Commons Lizenz CC BY-SA 4.0 Deed. Lediglich die Bildauflösung wurde reduziert. | |
Detail des Denkmals für J. Kepler | Wolfgang Volk, Berlin, Juli 2008 | |
Gedenkplatte | Wolfgang Volk, Berlin, Mai 2007 | |
Briefmarke | Deutsche Demokratische Republik, 1972 |
1) Welche Datumsangaben auf dem Gregorianischen
Kalender basieren, ist schwer zu sagen, da dessen Einführung zum Teil regional differenziert
und teilweise erst in späteren Jahrhunderten erfolgte.
2) Die Luzerner Zeitung weist in der Rubrik
Aus den Gemeinden in seiner Ausgabe vom 19.12.2017 auf die (heutige) Enthüllung des
Gedenksteins hin. Dabei wird notiert, dass das „historische Denkmal wieder aktiviert“
werde.
3) mit Ausnahme von Niklas Kopernigk, dessen Name meist
latinisiert wiedergegeben wird, wobei im deutschen Sprachraum durchaus die Verwendung des
Buchstabens ,c' als Ersatz für ,k' anzahlmäßig von 0 bis 3 variiert.
N. Kopernikus lebte etwa einhundert Jahre vor J. Kepler und schuf mit dem neuen Weltbild erst die
Grundlage für dessen Gesetze der Planetenbewegung.
4) Hier ist allerdings nicht der Ort, eine möglichst
vollstädige Liste zu erstellen. Die vom Autor besuchten Museen, in denen er bewusst Exponate
von Jost Bürgi wahrgenommen hat, sind das Museum für Astronomie und
Technikgeschichte in Kassel, der Mathematisch-Physikalische Salon in Dresden und das
Museo Galileo in Florenz.
5) Dessen Homepage gibt es offensichtlich lediglich
in italienischer Sprache (Stand Mai 2024).