Mathematischer Ort des Monats Februar 2021
Zitate von Blaise Pascal und Nikolaus von Kues in Berlin-Marzahn
von
Wolfgang Volk
Die Gärten der Welt haben sich vom Chinesischen Garten,
der im Rahmen der Städtepartnerschaft von Peking und Berlin geplant und im Oktober 2000
eröffnet wurde, ausgehend entwickelt, indem sukzessive weitere Gärten auf einer heute ca.
43ha großen Freifläche im Wuhletal konzipiert und realisiert wurden. Dem Chinesischen Garten,
in dessen Nähe auch eine Statue des Konfuzius steht, folgten 2003 der Japanische sowie der Balinesische,
2005 der Orientalische und 2006 der Koreanische Garten. Bei der Gestaltung der genannten Themengärten
spielten stets auch religiöse Aspekte eine Rolle und so ist es nicht verwunderlich, dass auch die Idee
nach einem Christlichen Garten erwuchs.1).
Das Konzept des Christlichen Gartens lehnt sich dem eines klösterlichen
Kreuzgangs an –
allerdings in sehr eigenwilliger Interpretation. Geblieben ist die Möglichkeit den Innenhof, der in den
Klöstern oft als Garten ausgestaltet war, zu Fuß zu umrunden und von fast überall in den
Innenbereich der Anlage zu blicken.
Während der Kreuzgang in den Klöstern vor allem dazu diente, den Zugang zu den umgebenden Gebäude
zu gewährleisten, wird diese Funktionalität hier im Christlichen Garten nicht benötigt.
Und so ist hier der „Kreuzgang“ käfigartig – ohne Abriegelung von der
Außenwelt ausgestaltet. Decken und Wände werden ausschließlich aus Schriftzeilen gebildet,
die Textpassagen sind überwiegend der Bibel entnommen. In manchen Fällen handelt es sich aber auch um Zitate
mehr oder weniger bekannter Persönlichkeiten. Am Ende eines Texts sind wahlweise die Bibelstelle oder
die Urheberin oder der Urheber mit den Lebensdaten genannt.
So ist unter anderem im westlichen Teil des umlaufenden Gangs der Name des französischen Mathematikers,
Naturwissenschaftlers und Religionsphilosphen
Blaise Pascal (1623-1662) zu entdecken.
B. Pascal wird mit folgendem Gedanken zitiert:
Der Mensch ist nur ein Schilfrohr,
das schwächste in der ganzen Natur, aber er ist ein denkendes Rohr, es ist gar nicht nötig,
dass das Weltall seine ganze Kraft einsetzt, um ihn zu zermalmen: Schon ein Dampf, ein Tropfen Wasser
genügen, ihn zu töten. Aber wenn auch das Weltall ihn zermalmte, so wäre der Mensch
dennoch edler als das, was ihn tötet, denn er weiss, dass er stirbt, und von der Macht, die das
Weltall über ihn besitzt, weiss dieses selbst nichts.
In Originalsprache findet man den Text bei verschiedenen Quellen
wie folgt:
L'homme n'est qu'un roseau,
le plus faible de la nature; mais c'est un roseau pensant. Il ne faut pas que l'univers entier s'arme pour
l'écraser: une vapeur, une goutte d'eau, suffit pour le tuer. Mais quand l'univers l'écraserait,
l'homme serait encore plus noble que ce qui le tue, puisqu'il sait qu'il meurt, et l'avantage que l'univers a
sur lui; l'univers n'en sait rien.
Blaise Pascal hinterließ bei seinem Tod etwa 1000 Zettel mit Notizen, die er kurz zuvor noch
zu rund 60 Bündeln zusammengefasst hatte. Man geht davon aus, dass diese Notizen ab dem Jahr 1657
von ihm verfasst wurden. Diese wurden von Freunden von ihm auszugsweise und einer vermeintlich sinnvollen
Ordnung unter dem Titel „Pensé;es sur da religion et sur quelques autres sujets“
(auf deutsch: Gedanken über die Religion und über einige andere Gegenstände)
erstmalig herausgegeben [2]. Seitdem sind viele Bearbeitungen erschienen (siehe Zum Beispiel [3])
Nahezu dort, wo das Tableau mit dem Namen von Blaise Pascal zu finden ist, endet –
allerdings oben an der Decke – auch das folgende Zitat von
Nikolaus von Kues
(vergleiche auch die
Ausführungen
von Willigis Jäger), das auch mit einem
Namensfeld abgeschlossen wird, das allerdings, weil es naturgemäß immer im Schatten
liegt, bedeutend schlechter zu erkennen, zu lesen und zu fotografieren ist (siehe das Foto
weiter unten):
So beginne ich, an der Pforte des
Zusammenfalls der Gegensätze dich, Herr, zu schauen. Denn du bist da, wo Sprechen, Sehen, Hören,
Schmecken, Fühlen, Überlegen, Wissen und Einsehen ein und dasselbe sind, wo Sehen und
Gesehenwerden, Hören und Gehörtwerden, Schmecken und Geschmecktwerden, Fühlen und
Gefühltwerden zusammenfallen und Reden und Hören und Erschaffen mit Reden.
Referenzen
[1] | Grün Berlin GmbH (Hrsg.): Der Christliche Garten, Broschüre, Nicolaische Verlagsbuchhandlung GmbH, Berlin, 2011 | |
[2] | Wikipdia: Pensées | |
[3] | ZEIT Online: Blaise Pascal – Pensées, Buchbesprechung |
Bildnachweis
alle Fotos | Wolfgang Volk, Berlin, März 2020 |
1) Derzeit – das heißt Frühjahr 2020 –
ist auch ein Jüdischer Garten in Planung.