Mathematischer Ort des Monats Oktober 2022
Foto von Albert Einstein im U-Bahnhof ,Bayerischer Platz‘ in Berlin-Schöneberg
von Wolfgang Volk
 
Albert Einstein
Foto von Albert Einstein
 
In den frühen 2010-er Jahren wurde das oberirdische Zugangsgebäude des U-Bahnhofs Bayerischer Platz abgerissen und mit dem darunterliegenden Zwischengeschoss grundlegend neu gestaltet. Dieser U-Bahnhof bedient die beiden U-Bahnlinien U4 und U7, die sich hier kreuzen und – wie im Berliner U-Bahnnetz überwiegend üblich – separate Bahnsteige besitzen. Das neue Zugangsgebäude – im südlichen Teil des Bayerischen Platzes gelegen – beherbergt seitdem mehrere gastronomische Betriebe.
Während die Trasse der U-Bahnlinie U4 – eine der ältesten in Berlin – in der offenen Bauweise angelegt wurde und unmittelbar unter dem Gelände/dem Straßenland verläuft kreuzt die Trasse der U-Bahnlinie U7 zwangsläufig in Ost-West-Richtung unterhalb, eine Etage tiefer. Damit verbunden ist ein Zwischengeschoss, das oberhalb des Bahnsteigs der U7, unmittelbar unter der Grunewaldstraße) liegt und zu dem es vier Zugänge von oben gibt und einer nach unten zum Bahnsteig der U-Bahn-Linie U7 führt. Im Rahmen der Baumaßnahmen wurde auch dieses Zwischengeschoss 2013 in Zusammenarbeit der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) und dem Verein Quartier Bayerischer Platz e. V. (siehe [1, hintere Umschlagsseite]) neu gestaltet. (Übrigens wurden auch die früheren Werbeflächen im Bereich des Bahnsteigs der U4 in diesem Zusammenhang umgewidmet und zeigen jetzt historische fotografische Aufnahmen des Bayerischen Platzes und dessen Umgebung.)
Impression des Zwischengeschosses
Impression vom Zwischengeschoss des U-Bahnhofs Bayerischer Platz mit historischen Aufnahmen und Postkartenmotiven
 
Die Ausschmückung des Zwischengeschosses ist thematisch geliedert in „Denkmal ,Orte des Erinnerns‘“, „Motive, ..., Gebäudedetails ,Rund um den Bayerischen Platz‘“, „Historische Aufnahmen und Postkarten vom Bayerischen Viertel“, „Neubeginn nach dem Zweiten Weltkrieg“, „Die Entwicklung des Bayerischen Viertels“ und „Wer wohnte und arbeitete im Bayerischen Viertel“. Und unter dem letztgenannten Thema ist die ganz oben wiedergegebene Aufnahme von Albert Einstein zu finden, flankiert von der oft zitierten Formel E = m c2 sowie einer Karikatur und folgender Information:
Albert Einstein (1879-1955)
Physiker, Nobelpreisträger (1921) und Kriegsgegner
Haberlandstr. 5 (1918-1933)
heute: Haberlandstr. 8
Desweiteren werden mit bildlichen Darstellungen
  • Alfred Kerr (1867-1948), Theaterkritiker und Autor, wohnhaft von 1906-1907 in der Bamberger Str. 42
  • Giséle Freund (1908-2000), Fotografin, wohnhaft von 1908-1931 in der Haberlandstr. 7 (heute: Haberlandstr. 3)
  • Gottfried Benn (1886-1956), Schriftsteller und Arzt, wohnhaft von 1937-1956 in der Bozener Str. 20
  • Arno Holz (1863-1929), Dichter, wohnhaft von 1910-1929 in der Stübbenstr. 5
  • Carl Zuckmayer (1896-1977), Schriftsteller und Dramatiker, wohnhaft von 1926-1933 Am Park 18 (heute: Fritz-Elsas-Str. 18)
  • Karl Hofer (1878-1955), Maler und erster Rektor der Hochschule für Bildende Künste nach dem 2. Weltkrieg, wohnhaft von 1913-1934 in der Grunewaldstr. 44
  • Claire Waldorf (1888-1933), Gesangskünstlerin, wohnhaft von 1913-1933 in der Haberlandstr. 7
gewürdigt.
Auf einer Tafel werden noch Leo Baeck (1873-1956), Liane Berkowitz (1923-1943), Eduard Bernstein (1850-1932), Erich Fromm (1900-1980), Lilli Henoch (1899-1942), Alfred Kantorowicz (1899-1979), Egon Erwin Kisch (1885-1949), Walter Kollo (1878-1940), Gertrud Kolmar / Gertrud Käthe Chodziesner (1894-1943), Benedict Lachmann (1878-1941), Elise Münzer (1869-1942), Kurt Pinthus (1886-1975)1), Wilhelm Reich (1897-1957), Alexander Roda-Roda / Sandór Friedrich Rosenfeld (1872-1945), Ernst Weiss (1884-1940) und Billy Wilder / Samuel Wilder (1906-2002) genannt. Knapp die Hälfte der auf dieser Tafel Benannten wurde in den 40er-Jahren deportiert, verhaftet und teilweise ermordet.
Folgt man vom Bayerischen Platz aus der Salzburger Straße gen Südost, so erreicht man nach etwa einem halben Kilometer das Rathaus Schöneberg. Dieses Rathaus ist eines jener (öffentlichen) Gebäude, die jenseits des innerstädtischen Zentrums an dem seit 2005 jährlich stattfindenden Festival of Lights gelegentlich beteiligt sind. So war es auch wieder im Jahr 2020, als das Juniläum 70-Jahre Freiheitsglocke begangen wurde. Die Illumination der Front des Rathauses zeigte die Porträts von 10 namhaften Persönlichkeiten, die einen Bezug zum (alten) Bezirk Schöneberg2) besaßen. Und so erstrahlte in der Zeit vom 11. – 20. September 2020, jeweils von 20 bis 24 Uhr unter anderem auch das Porträt von Albert Einstein am Rathaus.
Albert Einstein
Porträt von Albert Einstein beim Festival of Lights 2020
 
Die folgende Bilderserie zeigt Impressionen zur Illumination des Rathauses. Der Rathausturm zeigt den Hinweis auf das Jubiläum der Freiheitsglocke. Darunter ist das Wappen des Bezirks Tempelhof-Schöneberg3) in Herzform mit dem Schriftzug „Zuhause ist hier“ zu erkennen.
Rathaus Schoeneberg beim Festival of Lights 2020
Illumination des Schöneberger Rathauses beim Festival of Lights 2020
 
Die Personen sollen in der Reihenfolge benannt werden, wie deren Porträts von links nach rechts projiziert wurden. Zunächst die vom Südflügel:
  • Theodor Heuss (1884-1963): Er war Mitglied der Bezirksversammlung Schöneberg und der Stadtverordnetenversammlung von Berlin. Er wohnte von 1918 bis 1930 in der Fregestraße 80 im Ortsteil Friedenau. Später, das heißt von 1949 bis 1959, war er der erste Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland.
  • Hildegard Knef (1925-2002): Die Schauspielerin, die ikonischen Status erreichte, Chansonsängerin und Autorin lebte in der Sedanstraße (heute: Leberstraße) 33 und 68 sowie in der Bernhardstraße 5 und 6.
  • Willy Brandt (1913-1992): Er war von 1957 bis 1966 Regierender Bürgermeister von West-Berlin4) und danach Außenminister der BRD, bevor er 1969 zum Bundeskanzler gewählt wurde. Ihm wurde 1971 der Friedensnobelpreis verliehen.
  • Nelly Sachs (1891-1970): Sie kam in der Maaßenstraße 12 zur Welt. Die Schriftstellerin erhielt 1966 den Nobelpreis für Literatur. Nach ihr wurde der Nelly-Sachs-Park an der Dennewitzstraße benannt.
  • John F. Kennedy (1917-1963): Der 35. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika schrieb mit seinen Worten „Ich bin ein Berliner“ im Juni 1963 bei seiner Rede vom Balkon dieses Rathauses Geschichte.
Die projizierten Porträts auf dem Nordflügel zeigten folgende Personen:
  • Marlene Dietrich (1901-1992): Sie kam in der Sedanstraße (heute Leberstraße) 65 zur Welt und ist somit eine waschechte Schönebergerin. Sie fand auf dem Friedhof in der Stubenrauchstraße im Ortsteil Friednau ihre letzte Ruhe.
  • Albert Einstein (1879-1955): Er erhielt 1921 den Nobelpreis für Physik. Auch er wohnte in Schöneberg und zwar von 1917 bis 1932 in der Haberlandstraße 5.
  • Renée Sintenis (1888-1965): Die Bildhauerin, die den Berliner Bären schuf, der jedes Jahr bei den Berliner Filmfestspielen als Preis verliehen wird, wohnte von 1945 an in der Innsbrucker Straße 23.
  • David Bowie (1947-2016): In der Zeit von 1976 bis 1978, wo er in der Hauptstraße 155 wohnte, entstanden seine bekannten Alben „Low“, „Heroes“ und „Lodger“.
  • Claire Waldoff (1884-1957): Die Chansonsängerin und Kabarettistin wohnte von 1919 bis 1933 in der Regensburger Straße 33.
 

Referenzen

[1]   Gudrun Blankenburg: Das Bayerische Viertel in Berlin-Schöneberg, 4. akt. Aufl., Hendrik-Bäßler-Verlag, Berlin, 2016, ISBN 978-3-930388-60-8
[2]   Holger Meyer: e-Mail an den Autor vom 18.9.2020
[3]   Wolfgang Volk: Stele für Albert Einstein in Berlin-Schöneberg, Mathematischer Ort des Monats Januar 2022
 

Bildnachweis

Impression im U-Bahnhof   Wolfgang Volk, Berlin, Oktober 2021
alle anderen Fotos   Wolfgang Volk, Berlin, September 2020
 

1) Auf der Tafel sind als Lebensdaten fälschlicherweise die Jahre 1926-1932 ausgewiesen, die Periode, in der der Schriftsteller in der Heilbronner Str. 2 wohnte.
2) Am 1. Januar 2001 trat in Berlin eine Verwaltungsreform in kraft, die zu einer Verringerung der Anzahl der (Verwaltungs-)Bezirke von 23 auf 12 führte. In mehreren Fällen wurden jeweils zwei alte Bezirke zusammengelegt und ein Doppelname vergeben – so auch bei den (alten) Bezirken Schöneberg und Tempelhof, die nun seit 2001 den Bezirk Tempelhof-Schöneberg bilden (siehe zum Beispiel diesen Wikipedia-Artikel). In den Beiträgen zu den mathematischen Orten auf den Seiten der Homepage der BMG wird die differenziertere alte Bezirksstruktur benutzt, auch um die Lesbarkeit nicht durch die sperrigen Doppelnamen zu belasten. Auch die Beschilderung an den Verkehrswegen orientiert sich oft noch an den alten Bezirksbezeichnungen.
3) Das Wappen setzt sich aus dem Stadtwappen des alten Bezirks Tempelhof mit dem roten Templerkreuz auf silbernem/weißem Grund und der rechten Hälfte des symmetrischen schöneberger Bezirkswappens zusammen.
4) Damals, im geteilten Berlin, war das Rathaus Schöneberg Amtssitz des Regierenden Bürgermeisters.