Mathematischer Ort des Monats November 2018
Gedenktafel für Johann Peter Süßmilch in Berlin-Zehlendorf
von Iris Grötschel
 
An der Ecke Teltower Damm und Berliner Straße befand sich bis 1929 der Zehlendorfer Erbbraukrug, das Geburtshaus von Johann Peter Süßmilch (1707–1767). Eine Gedenktafel am heute an dieser Stelle stehenden Gebäude im Zehlendorfer Ortskern (postalische Adresse: Berliner Straße 2) erinnert seit 1994 an den Universalgelehrten, Pfarrer und Wegbereiter der deutschen Bevölkerungswissenschaft und Statistik.
Gedenktafel
Gedenktafel für Johann Peter Süßmilch am Haus Berliner Straße 2 in Zehlendorf
 
Der am 3. September 1707 in Zehlendorf (damals noch ein Dorf bei Berlin) geborene Süßmilch studierte Medizin, Jura und Theologie in Halle und Jena. Nach seiner Promotion 1732 war er zunächst als Hauslehrer und ab 1736 als Feldprediger tätig, bis er 1741 als Gemeindepfarrer in das havelländische Dorf Etzin übersiedelte. Ein Jahr später wurde er als Propst an die Petrikirche in Berlin-Cölln berufen. Als Wohnsitz stand ihm die Propstei, ein heute noch erhaltenes Haus in der Brüderstraße 10 in Berlin-Mitte zur Verfügung, in dem er bis zu seinem Tod am 22. März 1767 lebte.
Bereits während seines Studiums betrieb Süßmilch mathematische Studien. Es war damals in der Wissenschaft beliebt, mathematische Forschungsmethoden selbst auf Gebieten der Philosophie einzubringen. Insbesondere interessierte er sich für die sogenannte „politische Arithmetik“, wie die Anwendung von Wahrscheinlichkeitsrechnung und Statistik auf gesellschaftlich relevante Themen in jener Zeit bezeichnet wurde.
Beim intensiven Studium von Kirchenregistern entdeckte Süßmilch Regelmäßigkeiten in der Bevölkerungsentwicklung. Ihm fiel unter anderem auf, dass das Verhältnis von neugeborenen Jungen zu Mädchen stets 106 zu 100 betrug. Da er diese Erscheinungen auf das Wirken Gottes zurückführte, nannte er seine erste und wohl auch bekannteste Publikation zu dem Thema: „Die göttliche Ordnung in den Verhältnissen des menschlichen Geschlechts, aus der Geburt, dem Tode und der Fortpflanzung desselben erwiesen“. Dieses 1741 erstmals erschienene Buch gilt als bahnbrechendes Werk in der Geschichte der Bevölkerungsstatistik. Süßmilch erwarb sich damit den Ruf des Vaters der empirischen Demographie in Deutschland. Während seiner Lebenszeit erschienen mehrere überarbeitete und ergänzte Ausgaben dieses Buches, das bis heute erhältlich ist. Die Veröffentlichung brachte Süßmilch ein so hohes wissenschaftliches Renommee ein, dass er bereits 1745 in die Königlich Preußische Akademie der Wissenschaften aufgenommen wurde. Mit dem gleichaltrigen Mathematiker Leonhard Euler verband ihn eine enge Freundschaft.
Seit 1988 erinnert der Propst-Süßmilch-Weg (eine kleine Fußgängerzone) zwischen Onkel-Tom-Straße und Clayallee an den bedeutenden Sohn Zehlendorfs. Am Gebäude der Propstei in der Brüderstraße 10 in Berlin-Mitte war ebenfalls bis vor wenigen Jahren eine Gedenktafel für Süßmilch angebracht, die leider im Zuge von Renovierungsmaßnahmen vom heutigen Eigentümer entfernt und bisher nicht wieder montiert wurde.
Strassenschild
Der Propst-Süßmilch-Weg befindet sich in der Nähe der Gedenktafel.
 

Referenzen

[1]   Iris Grötschel: Das Mathematische Berlin – Historische Spuren und aktuelle Szene, Berlin Story Verlag, Berlin, 2017
[2]   Propst Johann Peter Süßmilch aus Zehlendorf – Leben und Wirken eines Universalgelehrten des 18. Jahrhunderts, Zehlendorfer Chronik, Heft 8, 1993, hrsg. v. Heimatverein Zehlendorf
 

Bildnachweis

alle Fotos   Iris Grötschel, Berlin