Mathematischer Ort des Monats März 2023
Gemälde des Professors Andreas Schato in der Lutherstadt Wittenberg
von
Wolfgang Volk
Das
Lutherhaus,
das sich im südöstlichsten Winkel der Altstadt Wittenbergs befindet,
gehört seit 1996 zum UNESCO-Weltkulturerbe1) [1].
Das Gebäude bildet heute zusammen mit dem Augusteum2)
ein Geviert, das einen großen Innenhof umschließt. Von diesem erreicht man das
Lutherhaus, das den von der Collegienstraße abgewandten hinteren Trakt
des Ensembles bildet.
Das Gebäude, das heute als Lutherhaus bezeichnet wird, wurde 1504 als Kloster
der Ordensgemeinschaft der
Augustiner-Eremiten errichtet.
In dieses trat vier Jahre später – vom Augustinerkloster zu Erfurt
kommend –
Martin Luther (1483-1546) ein,
wurde allerdings bereits 1509 wieder nach Erfurt zurückberufen.
Im September des Jahres 1511 zog M. Luther wieder nach Wittenberg, bewarb sich
an der dortigen Universität Leucorea (siehe [3]) um ein theologisches
Doktorat und wurde im Oktober 1512 zum Doctor theologiae
promoviert3). Noch im gleichen Jahr erhält M. Luther
eine Professur für Bibelauslegung, seine ersten sicher datierten Predigten in der
Stadtkirche sind aus dem Jahr 1514 überliefert. Am 13. Juni 1525 heirateten Martin Luther und
Katharina von Bora (1499-1552).
Insgesamt lebte Martin Luther mit Unterbrechungen etwa 35 Jahre in dem Gebäude,
das heute als Lutherhaus bezeichnet wird4).
Im Jahr 1532 wurde es ihm sogar übereignet, nach seinem Ableben im Jahr 1546 übernahm
es die Universität Leucorea und baute es zum Stipendiatenhaus um.
Seit 1883 werden erste Räume des Lutherhauses für museale Zwecke genutzt.
Heute bildet das gesamte Gebäude das Reformationsgeschichtliche Museum mit der
Dauerausstellung „Martin Luther – Leben, Werk, Wirkung“.
Der größte Raum im Lutherhaus wird heute als
„Großer Hörsaal“ bezeichnet, dessen ursprüngliche Funktion nicht
überliefert ist. In der Zeit, als das Gebäude als kurfürstliches Stipendiatenhaus
diente, setzte sich die Bezeichnung „Aula“ durch. Die heutige Gestaltung des Saales
orientiert sich an einem Entwurf des Architekten
Friedrich August Stüler
(1800-1865), der zu den bedeutensten Baumeistern seiner Zeit gehört.
Die Darstellungen der vier für die Leucorea bedeutenden sächsischen Kurfürsten
Friedrich der Weise,
Moritz,
August I. und
Christian I. zieren die
Stirnseiten des Hörsaals. Gegenüber den Fenstern befindet sich eine Galerie mit
Porträts von Professoren der Leucorea.5)
Hierzu gehört auch ein Gemälde, das
Andreas Schato (1539-1603) zeigt
und ganz oben auf dieser Seite wiedergegeben ist.
Andreas Schato studierte zunächst an der Universität Jena und ab 1559 in Wittenberg die
Sieben Freien Künste
(Artes Liberales), wobei er in Mathematik Vorlesungen bei
Sebastian Theodoricus
(um 1520-1574),
Matthäus
Blöchinger (1520-1584) und
Kaspar Peuker (1525-1602) gehört haben
dürfte. Sein Studium schloss er am 8. Oktober 1562 mit den akademischen Grad eines Magisters
der Philosophie ab. 1574 erhielt er die Professur für niedere Mathematik an der Leucorea.
1581 trug man ihm die Professur für Physik an, 1592 übernahm er eine ordentliche Professur
für Medizin. Letztere bekleidete er bis zu seinem Lebensende. A. Schato wurde in der
Schlosskirche zu
Wittenberg beigesetzt.
Der Vollständigkeit halber seien die portätierten Professoren allesamt genannt –
und zwar wie sie in der Galerie von rechts nach links zu sehen sind:
- Martin Pollich von Mellerstadt (?-1513), Mediziner, erster Rektor der Universität,
- Andreas Schato (1539-1603), Professor der Physik,
- Joachim von Beust (1522-1597), Professor der Jurisprudenz,
- Abraham Calov (1612-1681), Professor der Theologie,
- Johannes Meisner (1615-1684)6), Professor der Theologie, 1667 Rektor der Universität,
- Johann Andreas Quenstedt (1617-1688), Professor der Theologie
- Gottfried Suevus II (1652-1715)6), Professor der Jurisprudenz7),
- Kaspar Ziegler (1621-1690), Professor der Jurisprudenz,
- Johann Deutschmann (1625-1706), Professor der Theologie,
- Martin Chladenius (1669-1726)6), Professor der Theologie,
- Georg Wilhelm Kirchmair (1673-1759), Professor für Rhetorik und griechische Sprache7) und
- Johann Heinrich von Berger (1672-1740), Professor für Theologie.
Es sei noch erwähnt, dass alle Gemälde in Öl und auf Leinwand gefertigt
sind – bis auf das Erstgenannte, dies ist auf Lindenholz gemalt.
Referenzen
[1] | Deutsche UNESCO-Kommission: Ausgangspunkte der Reformation | |
[2] | Wikipedia: Martin Luther | |
[3] | Wolfgang Volk: Tafeln für Giordano Bruno, Joachim von Lauchen, Kaspar Peuker und Johann Daniel Titius in der Lutherstadt Wittenberg |
Bildnachweis
alle Bilder | Wolfgang Volk, Berlin, aufgenommen im Juli 2021 |
1) Neben dem Geburts- und dem Sterbehaus in Eisleben
gehören in Wittenberg noch das Melanchthonhaus, die Stadtkirche, in der Martin Luther
über 30 Jahre predigte, und das Schloss mit der Schlosskirche zum Weltkulturerbe.
2) Das Augusteum wurde erst in den Jahren 1581/82 als
Teil der Universität Leucorea (vergleiche [3]) errichtet und nach seinem Stifter,
dem sächsischen Kurfürsten August I. benannt.
Das Gebäude beherbergte zunächst die Universitätsbibliothek, den Festsaal und
Stuben für Stipendiaten.
3) Die Abfolge der teilweise auch universitären
Ausbildung Martin Luthers ist in [2] nachzulesen.
4) Dies ist einer Informationstafel an der
Straßenfront des Augusteums zu entnehmen.
5) Diese Ausführungen fassen grob den Inhalt
einer Informationstafel im Großen Hörsaal zusammen.
6) Das angegebene Todesjahr weicht von dem in
betreffenden Wikipedia-Artikel ab.
7) Gemälde von
Michael Adolph Siebenhaar