Mathematischer Ort des Monats April 2024
Medaillon mit einem Bildnis von Carl Friedrich Gauß in Berlin-Karlshorst
von
Wolfgang Volk
Das Medaillon mit dem Porträt von
Carl Friedrich Gauß,
dem – bereits zu Lebzeiten so bezeichneten –
Fürsten der Mathematiker (Princeps mathematicorum),
befindet sich am Gebäude mit der (heutigen) postalischen Adresse Treskowallee 8,
10318 Berlin.
Es ist Teil eines Ensembles von sieben Medaillons, welche den mittleren etwas hervortretenden Teil
der straßenseitige Front des Gebäudes zwischen den Fenstern des ersten und zweiten
Obergeschosses zieren.
Dieses Gebäude wurde unmittelbar vor dem ersten Weltkrieg errichtet und als Realgymnasium
und höhere Mädchenschule eröffnet [1]. Im Zuge eines weiteren Bauabschnitts entstanden
ab dem Jahr 1919 weitere Gebäude, die sich nach Süden anschlossen. Diese dienten teilweise
auch administrativen Zwecken. Im Jahr 1921 erhielt die Lehranstalt die Bezeichnung Kant-Schule
[2].
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden große Teile Karlshorsts für die Unterbringung der
sowjetischen Militär-Administration eingesetzt, in diesem Zusammenhang wurden die Schulen
aufgelöst, teilweise auch verlegt. Ab Oktober 1950 zog die neu gegründete
Hochschule
für Ökonomie (HfÖ) in die ehemaligen Schulgebäude ein,
wobei im Zuge des Ausbaus dieser Einrichtung weitere Gebäudekomplexe entstanden.
Im Jahr 1991 übernahm die Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW), die
sukzessive als Zusammenfassung mehrerer Ingenieur- und Hochschulen gebildet wurde,
diesen Campus.
Ansicht des (ehemaligen) Hauptgebäudes1) der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (htw)
Wie bereits erwähnt, ist das Medaillon mit dem Porträt von Carl Friedrich
Gauß2) eines von insgesamt sieben gleichartig gestalteten
Medaillons. Von links nach rechts zeigen die Medaillons Porträts folgender
Geistesgrößen3):
- des Philosophen Immanuel Kant (1724-1804),
- des Mathematikers, Geodäten und Physikers Carl Friedrich Gauß (1777-1855),
- des preußischen Staatsmanns, Reformers und Reichsfreiherrn Heinrich Friedrich Karl vom und zum Stein (1757-1813),
- des Augustinermönchs und Theologen Martin Luther (1483-1546),
- des Forschungsreisenden Alexander von Humboldt (1769-1859),
- des Dichters, Philosophen und Arzts Friedrich von Schiller (1759-1805) sowie
- des Dichters und Politikers Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832).
Zur Ausgestaltung der Gebäudefront sollte noch ergänzt werden, dass deren mittlete
Partie durch Pilaster der ionischen Säulenordnung über drei Geschosse (Erd- bis zum
zweiten Obergeschoss) strukuriert ist, die auch die Bereiche mit den Medaillons voneinander
separieren. Außerdem fällt auf, dass lediglich das
zentrale Porträt von Martin Luther jenen in frontaler Ansicht zeigt, während die
anderen Persönlichkeiten im Seitenprofil zu sehen sind. Alle Medaillons sind beidseitig
von Festons flankiert; wobei auch hier wieder beim mittleren Medaillon eine stilistische
Abweichung zu erkennen ist.4)
Weiter südlich, unmittelbar vor der Einmündung des Römerwegs, ist eine
Hausfront zur Treskowallee hin mit identischen Stilelementen ausgestaltet. Dort findet man
drei Medaillons mit Porträts erkennbar männlicher Personen, denen jedoch keine
Namen zugeordnet sind! Gemäß [2] war hier das Lyzeum beheimatet; da hätte man
seinerzeit durchaus mehr Geschlechtergerechtigkeit walten lassen können.
Hier ist auch der Sockel mit Reliefs geschmückt – allerdings versehen mit recht
fragwürdigen Texten.
Referenzen
[1] | Hochschule für Technik und Wirtschaft: Der Campus Treskowallee der HTW Berlin | |
[2] | Kulturring.berlin: Hochschule für Technik und Wirtschaft, ehemaliges Kant-Gymnasium und Lyzeum, ehemalige Hochschule für Ökonomie |
Bildnachweis
alle Bilder | Wolfgang Volk, Berlin, August 2023 |
1) Das Gebäude bildet heute das nördliche
Ende des als Gebäude A bezeichnieten Komplexes auf dem Campus Treskowallee der
Hochschule für Technik und Wirtschaft [2].
2) Der erste Vorname ist hier mit dem Anfangsbuchstaben
,K‘ statt ,C‘ geschrieben und der Nachname in Kapitalen mit
,SZ‘ anstatt gemäß der heutigen Rechtschreibung mit
,SS‘.
3) In [1] wie auch in [2] wird einheitlich
Hermann von Helmholtz statt Alexander von Humboldt als Porträtierter genannt!
4) Die durch die Bilder verlaufenden dunklen,
unscharfen Linien sind die (unvermeidlichen) fotografischen Spuren der Oberleitungen der auf
dem Mittelstreifen der Treskowallee verlaufenden Straßenbahntrassen.