Mathematischer Ort des Monats September 2014
Stolperstein für Margarete Kahn in Berlin-Wilmersdorf
von Iris Grötschel
 
Margarete Kahn
Stolperstein für Margarete Kahn
 
Zur Erinnerung an die jüdische Mathematikerin Margarete Kahn liegt in der Rudolstädter Straße 127 in Berlin-Wilmersdorf ein Stolperstein. Dieser Gedenkstein wurde auf Initiative mehrerer Berliner Mathematiker am 13. September 2008 vor Kahns letztem selbstgewähltem Wohnort eingesetzt.
 
Margarete Kahn
Stolperstein für Margarete Kahn am Tag der Verlegung
 
Stolpersteine sind ein Projekt des 1947 in Berlin geborenen Künstlers Gunter Demnig, mit dem er seit 1996 an die Opfer des nationalsozialistischen Terrors erinnert. Die 10cmx10cm großen Pflastersteine, die vom Künstler stets persönlich in den Gehsteig vor den ehemaligen Wohnhäusern der Opfer eingesetzt werden, tragen auf ihrer Oberseite eine Messingtafel. Darauf sind der Name, das Geburtsjahr sowie weitere Daten zum Schicksal der vertriebenen und ermordeten einstigen Hausbewohner eingraviert. Die Patenschaft für Margarete Kahns Stolperstein hat Iris Grötschel übernommen. Am selben Tag wurden Stolpersteine für zwei weitere Mathematiker in Berlin verlegt: für Robert Remak und Kurt Grelling (sowie seine Ehefrau).
 
Margarete Kahn
Gunter Demnig bei der Verlegung des Stolpersteins für Margarete Kahn
 
Margarete Kahn wurde 1880 in Eschwege als Tochter einer jüdischen Kaufmanns- und Fabrikantenfamilie geboren. Nach dem Besuch der höheren Töchterschule sowie zusätzlichem privaten Unterricht in ihrem Heimatort erwarb sie 1904 das externe Abitur an einem Jungengymnasium in Hersfeld. Anschließend begann sie mit dem Studium der Mathematik, Physik und Philosophie in Berlin, und zwar sowohl an der Friedrich-Wilhelms-Universität als auch an der Technischen Hochschule in Charlottenburg. Sie besuchte als Gasthörerin Vorlesungen u. a. bei den Professoren Hermann Amandus Schwarz (in Mathematik) und Paul Drude (in Physik). Diese beiden Professoren standen dem Frauenstudium, das in Preußen erst 1908 offiziell erlaubt wurde, aufgeschlossen gegenüber. 1906 wechselte Kahn nach Göttingen, wo sie 1909 bei David Hilbert promovierte. Anschließend war sie als Studienrätin an höheren Schulen in Kattowitz, Dortmund und ab 1929 in Berlin-Tegel tätig. Von dieser Tätigkeit wurde sie 1933 zwangsbeurlaubt und 1936 entlassen. Margarete Kahn wurde 1942 nach Piaski (Verwaltungsbezirk Lublin, Polen) deportiert und später ermordet.
 

Referenzen

[1]   DFG-Forschungszentrum MATHEON: Stolpersteine zum Gedenken an Berliner Mathematiker (PDF, 17,8 MB), Berlin, 2008
[2]   Iris Grötschel: Das mathematische Berlin - Historische Spuren und aktuelle Szene, 2. Aufl., Berlin Story Verlag, Berlin, 2013, ISBN 978-3-86368-013-8
[3]   York-Egbert König, Christina Prauss und Renate Tobies: Margarete Kahn und Klara Löbenstein; Mathematikerinnen - Studienrätinnen - Freundinnen, 1. Aufl. Hrsg. v. Hermann Simon, Hentrich und Hentrich Verlag Berlin, Berlin, 2011 (Jüdische Miniaturen, 108)