Mathematischer Ort des Monats Mai 2015
Das Schlosstheater im Neuen Palais in Potsdam
Euler-Vorlesung in Sanssouci
von Axel Brückner
 
Schlosstheater im Neuen Palais
Schlosstheater im Neuen Palais
 
Mit der Wiedervereinigung Deutschlands war in der Region Berlin-Brandenburg auch im Bereich der Wissenschaften eine neue Perspektiven eröffnende Situation entstanden. Die große Zahl an wissenschaftlichen Einrichtungen und ihre territoriale Nähe bot günstige Voraussetzungen für eine erfolgreiche Zusammenarbeit. Die mathematischen Institute in Berlin und Potsdam verständigten sich darauf, die Kooperation durch die Begründung neuer Traditionen nach innen und nach außen hin deutlich zu zeigen.
Im November 1992 fasste das Organisationskomitee Berliner Mathematisches Kolloquium den Beschluss, jährlich einmal eine außergewöhnliche Veranstaltung durchzuführen: Im Mittelpunkt sollte ein Gastvortrag stehen, der von einer weltweit anerkannten Forscherpersönlichkeit vor einem mathematisch gebildeten aber nicht notwendig aus Spezialisten bestehenden Publikum zu halten ist. Da die Biographie eines der hervorragendsten Mathematiker aller Zeiten, Leonhard Euler, eng mit Berlin und Potsdam verbunden ist (einen Ruf Friedrich II folgend kam Euler 1741 nach Berlin, wo er 25 Jahre wirkte), sollte die Veranstaltung den Namen Euler-Vorlesung tragen. In Potsdam bot sich die Möglichkeit, die Euler-Vorlesung im Schlosstheater von Sanssouci als ausgesprochen repräsentativen Ort stattfinden zu lassen, dessen imposante Kulisse den Wunsch nach festlicher Umrahmung in ganz besonderer Weise in Erfüllung gehen ließ.
Euler-Vorlesung 2011
Prof. Dr. R. Siegmund-Schultze (Universitetet i Agder, Kristiansand) beim historischen Vortrag zur Euler-Vorlesung 2011
 
Das Schlosstheater im Neuen Palais bietet nicht nur wegen seiner barocken Architektur den passenden festlichen Rahmen für die Euler-Vorlesung. Der Beginn seiner Erbauung fällt in die Zeit des Aufenthaltes und des Wirkens von Euler in Preußen. Mit dem Bau des Schlosses im Osten von Sanssouci wollte Friedrich der Große die bedeutende Rolle des erstarkten Preußens unter den Mächtigen in Europa demonstrieren – Fanfaronade. Das pompöse hohe Bauwerk diente in erster Linie der Repräsentation und wurde in der vergleichsweise kurzen Bauzeit von sechs Jahren bis 1769 fertiggestellt. Zunächst diente es in den warmen Zeiten des Jahres vor allem für Mitglieder der königlichen Familie und deren Angehörige sowie für ausgewählte Gäste aus dem deutschen und europäischen Hochadel als Gästeschloss. Es bot das passende prunkvolle Ambiente für glanzvolle Feste. Nach dem Tode Friedrichs II wurde es ruhiger. Es fanden kaum noch Feste statt. Erst später von 1888 bis 1914 wurde das Neue Palais von Friedrichs Nachfolgern auf dem Thron Preußens als Residenzschloss genutzt.
Neues Palais
Neues Palais
 
Zum Gesamtensemble des Neuen Palais gehören mehrere Wirtschaftsgebäude im Süden des Schlosses. Sie werden heute von der Universität Potsdam für die Lehre, die Forschung und für die Verwaltung genutzt. In der ehemaligen Reithalle befindet sich das Auditorium Maximum der Universität.
Auditorium
Auditorium im Schlosstheater
 
Die jährliche Euler-Vorlesung dient dazu, an historischem Orte an Leonhard Euler zu erinnern und ihn zu ehren. Zugleich bietet sie die Gelegenheit, dass Mathematiker aus Deutschland und aus dem Ausland in Potsdam zusammenkommen, um den Vortrag eines herausragenden Wissenschaftlers zu hören. Zum Programm der Euler-Vorlesung gehört die Vorstellung des eingeladenen Gastes in einer Laudatio. Die Veranstaltung wird umrahmt durch erlesene musikalische Darbietungen mit historischem oder biographischem Bezug zur Veranstaltung. Ein weiterer fester Programmpunkt ist ein historischer Vortrag, in dem an Höhepunkte des Schaffens bedeutender Mathematiker erinnert wird.
Seit 2013 werden sehr umfangreiche Restaurierungsmaßnahmen im Schlosstheater durchgeführt, so dass die Räumlichkeiten für Veranstaltungen nicht genutzt werden können. Die Euler-Vorlesung findet vorübergehend im Auditorium Maximum der Universität statt. Die Organisatoren planen, dass die Veranstaltung nach Beendigung der Arbeiten 2017 wieder an ihren angestammten Platz zurückkehrt.
Euler-Vorlesung 2012
Prof. Dr. V. Remmert (Universität Wuppertal) beim historischen Vortrag zur Euler-Vorlesung 2012 mit dem Titel „Il faut ètre un peu Géomètre“ im Audimax der Universität Potsdam
 

Bildnachweis

Theaterbühne   Wolfgang Volk, Berlin
Euler-Vorlesung 2011   Wolfgang Volk, Berlin, (siehe auch Wolfgang Volk: Bericht zur Euler-Vorlesung vom 25. Mai 2011 in Sanssouci, Forum der Berliner Mathematischen Gesellschaft, Bd. 17, Juni 2011, S. 57 - 58)
Neues Palais   Quelle: http://www.uni-potsdam.de/studium/potsdam/universitaet-struktur/palais.html
Auditorium   Quelle: Universität Potsdam
Euler-Vorlesung 2012   Wolfgang Volk, Berlin, (siehe auch Wolfgang Volk: Bericht zur Euler-Vorlesung 2012, Forum der Berliner Mathematischen Gesellschaft, Bd. 21, Juni 2012, S. 139 - 141)