Mathematiker des Monats Mai 2021
Johann III Bernoulli (1744-1807)
von Eberhard Knobloch
 
Johann III Bernoulli
Johann III Bernoulli
 
Der Name Bernoulli hat in der Wissenschaftsgeschichte einen sehr guten Klang. Drei Generationen dieser Basler Familie brachten hervorragende Mathematiker hervor. Von diesem Ruhm profitierte Johann III Bernoulli, wie er zur Unterscheidung von seinem Großvater Johann I Bernoulli (1667-1748) und seinem Vater Johann II Bernoulli (1710-1790) genannt wird.
Johann III war ein hochbegabtes, frühreifes Kind, ältester Sohn seiner Eltern, des Professors der Mathematik an der Universität Basel Johann II und Susanne König, Tochter eines Professors der Medizin ebendort. Er wurde am 4. November 1744 geboren und bereits 1754 (!) nach einem Examen als Student der Philosophie an der heimischen Universität immatrikuliert. Mit 13 Jahren hielt er eine öffentliche Rede über „Die Einimpfung der Blattern-Schutzpocken“. Ein Jahr später erwarb er den akademischen Grad Magister Artium. In Mathematik unterrichteten ihn sein Vater und sein Onkel Daniel Bernoulli. Gleichzeitig studierte er die Rechte und promovierte 1763 mit einer Dissertation über die Lex Falcidia des römischen Erbrechts.
Schon am 14. Juli 1759, als Johann III noch keine 15 Jahre alt war, hatte sich sein Vater an Heinrich Alexander de Catt, den Gesellschafter und Vorleser des preußischen Königs Friedrich II. in Berlin, gewandt und diesen gebeten, sich für seinen Sohn zu interessieren. Er selbst hatte die Einladung abgelehnt, an die Berliner Académie Royale des Sciences et Belles Lettres zu kommen, setzte sich aber nun wiederholt dafür ein, dass sein Sohn Johann III dort aufgenommen wird. Diesen Wunsch konnte de Catt dem König erfolgreich vermitteln, der seinerseits erfreut war, einen Bernoulli an seine Akademie zu holen.
Nach dem Ende des siebenjährigen Krieges am 21. Februar 1763 war es soweit. Am 23. Juli 1763 verließ Johann III Basel und traf nach einem Umweg über Frankreich und Holland Anfang November in Berlin ein. Auf Befehl Friedrichs II. wurde er am 5. Januar 1764 als Neunzehnjähriger in die Akademie aufgenommen. 1767 übernahm er die Leitung der Berliner Sternwarte. Auf einer vom König genehmigten Urlaubsreise nach London, Paris und Basel heiratete er am 28. August 1769 in seiner Heimatstadt Veronika Beek, die Tochter eines Handelsmannes. Aus der Ehe gingen drei Söhne und mehrere Töchter hervor. 1791 heiratete Bernoulli ein zweites Mal, und zwar Caroline Sophie von Tempelhoff, offensichtlich nach dem Tod seiner ersten Frau, von der man nur weiß, dass sie bis etwa 1792 gelebt hat. Auch aus der zweiten Ehe gingen mehrere Kinder hervor, wie das Grabkreuz verrät. Ab 1792 bis an sein Lebensende im Jahre 1807 war er der Direktor der Mathematischen Klasse.
Johann III Bernoulli
Grabkreuz für Johann III Bernoulli und seine Gattin Caroline Sophie
 
Seine schwache Gesundheit erlaubte ihm keine astronomischen Beobachtungen im größeren Maße. Erst als 1787 Johann Elert Bode Direktor der Sternwarte wurde, nahm die Beobachtungstätigkeit zu. Johann III veröffentlichte statt dessen Beiträge zur praktischen und rechnerischen Astronomie und vermittelte astronomische Neuigkeiten. Dazu gehören die „Lettres astronomiques où l’on donne une idée de l’état de l’astronomie pratique dans plusieurs villes de l’Europe“ (Berlin 1771) und die „Lettres sur différens sujets, écrites pendant le cours d’un voyage par l’Allemagne, la Suisse, la France méridionale et l’Italie en 1774 et 1775“ (Berlin 1777). Von 1771 bis 1779 gab er den „Recueil pour servir à l’usage des astronomes“ heraus, 1776 die „Liste des astronomes comme actuellement“ und „Nouvelles littéraires de divers pays avec des suppléments pour la liste et le nécrologe des astronomes“ 1776 bis 1778. Johann III gilt daher zu Recht als Pionier des wissenschaftlichen Fachjournalismus.
Viele Abhandlungen erschienen in den Mémoires der Berliner Akademie und im Astronomischen Jahrbuch. Für seine 1779 in London veröfffentlichte „Sexcentenary table exhibiting, at sight, the result of any proportion, where the terms do not exceed 600 seconds“ erhielt er von der Commission of Longitude einen Preis.
Seine Beiträge zur Mathematik umfassen zahlentheoretische Untersuchungen und eine von Leonhard Euler geschätzte französische Übersetzung der Euler’schen Algebra mit Zusätzen von Joseph Louis Lagrange (1774). Zusammen mit Karl Friedrich Hindenburg gab er von 1786 bis 1789 das Magazin für reine und angewandte Mathematik heraus. Hierher kann man auch die Herausgabe von Johann Heinrich Lamberts nachgelassenen Schriften in sieben Bänden zählen (Dessau 1782-1787).
Johann III reiste gern und viel und litt beständig unter Geldknappheit. Seine wiederholten Eingaben bei Friedrich II., sein Gehalt zu erhöhen, waren nur teilweise erfolgreich. Eine umfangreiche schriftstellerische Tätigkeit als Autor, Herausgeber, Übersetzer und Redakteur schuf hier nur begrenzt Abhilfe. Genannt seien die sechs in den Jahren 1779 bis 1780 in Leipzig erschienenen Bände Reisen durch Brandenburg, Pommern, Preußen, Curland, Rußland und Polen in den Jahren 1777 und 1778, die achtzehn in den Jahren 1781 bis 1785 herausgegebenen Bände Sammlung kurzer Reisebeschreibungen und anderer zur Erweiterung der Länder- und Menschenkenntnisse dienenden Nachrichten und die acht im Zeitraum 1785 bis 1788 erschienenen Bände des Archivs zur neueren Geschichte, Geographie und Menschenkunde. Es folgten drei Bände Historisch-geographische Beschreibung von Indien, enthaltend des Pater Joseph Tieffenthaler vollständige und umständliche Geographie von Hindustan, mit Beiträgen des Franzosen Anquetil du Perron und des Engländers Jacob Rennell in den Jahren 1786 bis 1791.
Auch die Akademien in Bologna (1773), Stockholm (1774), St. Petersburg (1777) wählten ihn zum Mitglied. Er starb am 13. Juli 1807 in Köpenick, das damals noch nicht zu Berlin gehörte.
 

Referenzen

[1]   Moritz Cantor: Bernoulli, Johann, in: Allgemeine Deutsche Biographie 2 (1875), S. 480-482 (Online-Version)
[2]   Joachim Otto Fleckenstein: Bernoulli, Johann (Jean) III, in: Dictionary of Scientific Biography 2 (1970), S. 56
[3]   Eduard Fueter: Geschichte der exakten Wissenschaften in der schweizerischen Aufklärung (1680-1780), Veröffentlungen der schweizerischen Gesellschaft für Geschichte der Medizin und der Naturwissenschaften, Sauerländer, Aarau, 1941 (Nachdruck Amsterdam 1971)
[4]   Adolf Harnack: Geschichte der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Berlin, 1900
[5]   Werner Hartkopf: Die Berliner Akademie der Wissenschaften: Ihre Mitglieder und Preisträger 1700-1990, Akademie Verlag, Berlin, 1972
[6]   Otto Spiess: Bernoulli, Johann, in: Neue Deutsche Biographie 2 (1955), S. 131 (Online-Version)
[6]   Wilhelm Stieda: Johann Bernoulli in seinen Beziehungen zum preussischen Herrscherhause und zur Akademie der Wissenschaften, in: Abhandlungen der preussischen Akademie der Wissenschaften Jahrgang 1925 Philosophisch-historische Klasse, Nr. 6. Berlin
 

Bildnachweis

Porträt   Die Quelle Datei:Johann(III) Bernoulli.jpeg unter Wikimedia Commons ist gemeinfrei.
Grabkreuz   Wolfgang Volk, Berlin, 2004, siehe auch Grab von Johann III Bernoulli in Berlin-Köpenick