Mathematischer Ort des Monats Dezember 2023
Straßenschild zur Pascalstraße in Berlin-Charlottenburg
von
Wolfgang Volk
Im vergangenen Juni (2023) jährte sich zum 400sten Mal der Geburtstag des Mathematikers,
Physikers, christlichen Philosophen und Literaten
Blaise Pascal; Anlass genug, ihn im
Zusammenhang mit der nach ihm benannten Straße (siehe [1]) im Bezirk Charlottenburg,
in einem der Spreebögen gelegen, zu würdigen.
Die Pascalstraße – sie trägt den Namen seit dem 3. August 1905
[1] – bildet zusammen mit ihrer Verlängerung, der
Morsestraße1),
der zentrale Verkehrsweg des halbkreisförmigen Arreals
nördlich der Helmholtzstraße, das ansonsten von der Spree berandet wird,
die hier in einem Bogen verläuft.
Während sich um Helmholtzstraße überwiegend Wohngebäude reihen, wird ein
Großteil des beschriebenen Gebiets von vielerlei Instituten genutzt, von denen etliche zur
Technischen Universität gehören,
deren zentraler Campus etwa 1 km weiter südlich gelegen ist.
Jene Institute können fast ausschließlich nur über die
Pascal-/Morsestraße erreicht werden, die durch die
Hallerstraße2)
miteinander verbunden sind und von denen außderdem die Stichstraßen
Heisenbergstraße3),
Schlesingerstraße4),
Kucharskistraße5),
Clara-von-Simson-Straße6) sowie die
Carnotstraße7) strahlenförmig abzweigen.
Nachstehend sollen Gedenkorte vorgestellt werden, die an Blaise Pascals Lebensstationen
Clairmont – heute Clermont-Ferrand – und Paris an ihn erinnern.
Daneben gibt es sowohl im Berliner Bezirk Mitte – auf dem Gelände des
Bundesministeriums für Arbeit und Soziales – wie auch im Bezirk
Marzahn – und zwar dort in den Gärten der Welt –
ebenfalls jeweils einen Ort, der unter anderem an B. Pascal erinnert.
Im Bezirk Mitte [2] wird seine Konstruktion einer mechanischen Rechenmaschine hervorgehoben,
während in den Gärten der Welt [3] eine Textpassage aus seinem
Werk „Pensées“ in deutscher Sprache wiedergegeben wird.
Unmittelbar am Place Edmond Lemaigre an der südwestlichen Ecke der gotischen
Kathedrale
Notre-Dame-de-l'Asomption im Zentrum von Clermont-Ferrand befand sich das
Geburtshaus von Blaise Pascal. Die Gebäude an dieser Stelle wurden abgerissen,
als ab dem Jahr 1866 die Kathedrale weiter- und fertiggebaut wurde und eine neue Fassade erhielt.
Die Tafel, die nun an betreffender Stelle installiert ist, informiert über Blaise Pascal,
die Stadtmauer und den
Jansenismus, einer religiösen
Strömung, der sich auch B. Pascal zuwandte.
Im Park in unmittelbarer Nähe des Rathauses von Clermont-Ferrand wird mit einem Sitzbild
des berühmten Sohns der Stadt gedacht. Die Frontseite des marmornen Sockels weist lediglich
den Namen und die Lebensdaten, 1623-1662, aus.
Im Musée du Louvre, genau im salle 26
(Raum 26)8), ist ein Sitzbild ausgestellt, das Blaise Pascal
darstellt und vom bedeutenden französischen Bildhauer
Augustin Pajou (1730-1809) im Jahr 1783
aus Marmor geschaffen wurde.
In der Darstellung hält B. Pascal mit seiner linken Hand eine Tafel,
auf der ein auf einer horizontalen Geraden abrollender Kreis mit einer
Zykloide wiedergegeben ist –
ein Hinweis darauf, dass er sich mit diesem Sujet beschäftigt hat.
Die Ergebnisse seiner Untersuchungen hat er unter dem Pseudonaym Amos Deltonville
in der Schrift „Traité de la roulette“ (Abhandlung über das Rollrädchen)
mit der Unterstützung von
Gilles Personne de Robertval
1659 publiziert. Auf den losen Blättern, die mit einer Schreibfeder auf dem Boden liegen,
sind die Worte „Pensées sur la Réligion“ (Gedanken über die Religion)
zu lesen, während auf dem aufgeschlagenen Buch der Titel „Lettres à un
provincial“ (Briefe an einen Provinzial) wiedergegeben ist. Seine „Gedanken“
blieben unvollendet und wurden erst nach seinem Tod von seiner älteren Schwester
Gilberte (1620-1687)
herausgegeben; die „Briefe“ thematisieren die abweichende Sicht der Janseniten
gegen die von den Jesuiten ausgeübten Praktiken. Beide Werke stehen für die
Auseinandersetzung von Blaise Pascal mit religiösen und philosophischen Themen.
Der
Turm von Saint-Jacques ist
letzlich das, was von der Kirche Saint-Jacques-la-Boucherie übrig geblieben ist.
Diesen Namen erhielt sie 1253 als Kirche der Fleischerinnung, wobei der Glockenturm erst ab
dem Jahr 1508 im Stile der Spätgotik errichtet wurde. Im Erdgeschoss des Turms befindet
sich seit 1857 eine Statue von Blaise Pascal, der 1648 am und auf dem etwa 50 m hohen Turm
Messungen des Luftdrucks durchführte. Die Kirche wurde 1797 zerstört,
der Turm mit seinen 12 Glocken nahe der Rue de Rivoli jedoch stehen gelassen.
Blaise Pascal zu Ehren ist die zu den SI-Basiseinheiten kohärente Einheit für
den Druck
Pascal (Pa) eingeführt worden.
Am Wohngebäude mit der postalischen Adresse 54, Rue Monsieur le Prince im
6. Stadtbezirk (6me Arrondissement) von Paris erinnert eine Gedenktafel mit
folgendem Wortlaut (aus dem Französischen übersetzt) an B. Pascal:
Hier in der ehemaligen Straße namens Rue des Francs Bourgeois Saint Michel lebte von 1654 bis 1662 Blaise Pascal |
Während diese Gedenktafel in Höhe des 1. Obergeschosses über dem Hauseingang
angebracht ist, befindet sich unmittelbar vor dem Haus eine der vielen im Stadtbild installierten
Informationstafeln, die durch ihre schildförmiges Erscheinungsbild und ihre graue Farbe
sowie der Titelzeile in roter Schrift „Histoire de Paris“ auffallen. Diese hier
ist ebenfalls B. Pascal gewidmet9).
Am Morgen des 19. August 1662 verstarb Blaise Pascal im Alter von 39 Jahren und wurde in der Kirche
Saint-Étienne-du-Mont –
nahe dem Pantheon gelegen – bestattet. Eine Tafel mit dem Hinweis
„Le corps de Blaise Pascal mort le 19 août 1662 sur cette paroisse de Saint
Étienne du Mont a été inhumé près de ce pilier
R. I. P.“
(Der Leichnam von Blaise Pascal, verstorben am 19. August 1662, dieser Pfarrgemeinde
Saint Étienne du Mont wurde nahe dieser Säule bestattet.
Ruhe in Frieden10))
Ebenfalls auf der rechten Seite des Kirchenschiffs ist ein Epitaph zu Blaise Pascal in die
Wand eingelassen. Es ist in lateinischer Sprache verfasst und benennt auch seinen
Vater11)
Étienne Pascal (1588-1651),
seinen Schwager
Florin Périer (1605-1672)
sowie seine ältere Schwester
Gilberte
Périer.
In den Jahren 1968 bis 1993 wurde von der Banque de France eine 500-Francs-Banknote in
Umlauf gebracht, die auf beiden Seiten ein Porträt von Blaise Pascal zeigt.
Zudem ist auf der Vorderseite (Avers, siehe Bild) links der Glockenturm von Saint-Jacques
abgebildet.
Referenzen
[1] | Kauperts Straßenführer durch Berlin: Pascalstraße | |
[2] | Wolfgang Volk: Kupfertafeln zur Geschichte der Mathematik mit Porträts bedeutender Mathematiker sowie ihrer Entdeckungen in Berlin-Mitte, mathematischer Ort des Monats Dezember 2015 | |
[3] | Wolfgang Volk: Zitate von Blaise Pascal und Nikolaus von Kues in Berlin-Marzahn, mathematischer Ort des Monats Februar 2021 | |
[4] | Wikipedia: Clermont-Ferrand | |
[5] | Wikipedia: Tour Saint-Jacques |
Bildnachweis
Straßenschild | Wolfgang Volk aus Berlin, Dezember 2012 | |
Informationstafel und Denkmal in Clermont-Ferrand | Irene und Joachim Rupp aus Erzhausen, Mai 2012 mit freundlicher Genehmigung | |
Denkmäler, Gedenktafel und Epitaph in Paris | Wolfgang Volk aus Berlin, März 2009 | |
Banknote | Scan der Vorderseite einer 500-Francs-Banknote aus dem Jahr 1987 |
1) Benannt nach dem Maler, Erfinder, Unternehmer und
Professor für Kunstgeschichte
Samuel Finley Breese Morse
(1791-1872), der den Morseapparat für die Telegrafie erfand. Einige Jahre zuvor, 1833, hatten
Carl Friedrich Gauß und
Wilhelm Eduard Weber
den ersten elektromagnetischen Telegrafen erfunden und konstruiert.
2) Benannt nach
Albrecht von Haller (1708-1777),
einem Mediziner und Universalgelehrten aus Bern.
1736 erhielt er eine Professur für Anatomie, Chirurgie und Botanik an der Universität
Göttingen. Er gründete dort eine Anatomisches Theater, eine Geburtsklinik,
einen botanischen Garten sowie eine Zeichenakademie.
Ab 1747 leitete er die Herausgabe der
Göttingischen
Gelehrten Anzeigen und war zeitlebens der erste Präsident der „Sozietät der
Wissenschaften“ (heute
Niedersächsische
Akademie der Wissenschaften zu Göttingen), die 1751 gegründet wurde.
3) Benannt nach dem Physiker
Werner Heisenberg (1901-1976),
der 1925 die erste mathematische Formulierung der Quantenmechanik angab.
Für seine Beiträge zur Quantenmechanik erhielt er 1933 den Nobelpreis für Physik.
4) Benannt nach
Georg Schlesinger (1874-1949),
der an der Technischen Hochschule Maschinenbau studierte und von 1904 bis zu seiner Vertreibung 1933
dort Professor für Werkzeugmaschinen und Fabrikbetriebe war. Eine Gedenktafel am
Hauptgebäude der Technischen Universität erinnert an ihn.
5) Benannt nach
Walter Kucharski (1887-1958).
Er wurde 1931 als Professor für Mechanik an die Technische Hochschule berufen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg bereitete er mit anderen Kollegen die Wiedereröffnung dieser
Hochschule vor und war von Januar (zunächst nur kommissarisch) bis zum September 1947 Rektor
der inzwischen als Technische Universität umbenannten Hochschule.
6) Seit 2007 nach der Physikerin und Kommunalpolitikerin
Clara Elise
Beate von Simson (1897-1983) benannt. Clara von Simson begann ihr Studium 1918 in Heidelberg
mit den Fächern Mathematik und Physik, wechselte aber noch im gleichen Jahr an die
Berliner Universität und setzte es mit der Fächerkombination Physik und Chemie
fort.
7) Benannt nach dem Physiker und Begründer der
Thermodynamik
Nicolas Léonard Sadi
Carnot. Er war Sohn des französischen Offiziers, Politikers und Mathematikers
Lazare Nicolas
Marguerite Carnot. Das Relief
Universitas Aeterna, das sich in der
Universitätsbibliothek der TU Berlin befindet, enthält unter anderem auch eine
Darstellung mit Bezug auf Sadi Carnot.
8) Stand März 2009.
9) Der französische Wikipedia-Artikel
Panneau Histoire de Paris
(Tafeln [zur] Geschichte von Paris) listet diese Tafeln stadtbezirks-(arrondissement-)weise
durchlaufend nummeriert auf. Die Tafel zu Blaise Pascal besitzt die laufende Nummer 31 in der
Liste zum 6. Stadtbezirk. Die assoziierte Fotografie gibt den Text in gut lesbarer
Größe wieder.
10) R. I. P. steht für die lateinischen
Worte „requiescat in pace“
11) Étienne und Stéphane sind
zwei französische Varianten der deutschen Namen Stefan und
Stephan. Zum Beispiel bezeichnen sich die Einwohner der Stadt
Saint-Étienne im
Département Loire selbst als Stéphanois.