Mathematischer Ort des Monats April 2021
Gräber für Friedrich Robert Helmert, Erhard Schmidt und Kurt Wedel in Potsdam
von
Wolfgang Volk
Der Alte wie auch der Neue Friedhof Potsdams, beide in der Heinrich-Mann-Allee im Ortsteil
Teltower Vorstadt gelegen, sind vom Potsdamer Hauptbahnhof gut mit der Straßenbahn
oder auch fußläufig zu erreichen.
Nachstehend sollen die Grabstätten der Persönlichkeiten beschrieben werden,
die in der Mathematik oder deren Umfeld gewirkt haben und auf dem
Alten
Friedhof Potsdams bestattet wurden. Der Alte Friedhof wurde im Jahr 1796 auf Order
des preußischen Königs Friedrich Wilhelm II.1) eröffnet.
Derzeit (März 2021) findet man am Eingang des Friedhofs keinen Übersichtsplan.
Lediglich für die Urnenfelder im südöstlichen Bereich findet man vor Ort
Lagebezeichnungen. Insofern ist man zum Auffinden der nachstehend beschriebenen Grabstätten
auf obigen Lageplan angewiesen.
Grabstein für den Geodäten Friedrich Robert Helmert
Friedrich Robert Helmert
leitete von 1886 bis 1917 als Direktor das unweit auf dem Telegrafenberg beheimatete Königliche
Geodätische Institut. Er entwickelte die Grundlagen der modernen Geodäsie (vergleiche sein
zweibändiges Werk [2]), war Präsident des Zentralbüros der Internationalen Erdmessung und
unter anderem auch Mitglied der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften
(vergleiche [1]). Zu seinen wissenschaftlichen Leistungen gibt auch [4] beredt Zeugnis.
Die Geschichte der Grabstätte selbst ist recht wechselvoll. Sie wurde von Hans Weise in [8]
für die Nachwelt aufgezeichnet (siehe auch [3, Kap. 5]). Daraus ergibt sich, dass der Grabstein
eine Replik des Originals ist. Sie zeigt die Inschrift – bis auf die akademischen
Titel – in Frakturbuchstaben2):
Geheimer Ober-Regierungsrat
Professor Dr.
Friedrich Robert
Helmert
Direktor des K[öni]gl[ichen] Geodätischen Instituts.
* 31. Juli 1843,
+ 15. Juni 1917.
Professor Dr.
Friedrich Robert
Helmert
Direktor des K[öni]gl[ichen] Geodätischen Instituts.
* 31. Juli 1843,
+ 15. Juni 1917.
Grabstätte des Mathematikers Erhard Schmidt
Das Grab des Mathematikers Erhard Schmidt und seiner
Gattin Bertha (geborene von Bergmann) würde möglicherweise nicht mehr existieren,
wären diese beiden nicht neben seinen Schwieger-/ihren Eltern bestattet.
Nach dem Mediziner und Geheimrat Ernst von Bergmann ist heute das
Klinikum Ernst von Bergmann
benannt. Dieser hat dort im Jahr 1899 die erste Blinddarmoperation in Potsdam durchgeführt.
Die Inschrift des Postaments des Grabkreuzes der Eheleute Schmidt ist (Stand März 2021)
kaum noch zu entziffern. Gemäß [6] lautet sie2):
Bertha Schmidt
geb[orene] von Bergmann
* in Dorpat3) 24.5.1872
+ in Breslau 6.11.1916
Erhard Schmidt
* in Dorpat3) 13.1.1876
+ in Berlin 6.12.1959
geb[orene] von Bergmann
* in Dorpat3) 24.5.1872
+ in Breslau 6.11.1916
Erhard Schmidt
* in Dorpat3) 13.1.1876
+ in Berlin 6.12.1959
Erhard Schmidt dürfte allen Mathematikern durch das nach ihm benannte
Orthogonalisierungsverfahren
bekannt sein. Seit 1918 war auch er Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften.
Grabstätte des Physikers Kurt Wedel
Dass die Grabstätte für Kurt und Marga Wedel in diesem Artikel gewürdigt werden,
ist einzig dem Umstand zu verdanken, dass die Deckplatte dieser Urnengrabstätte, die in der Form
eines aufgeschlagenen Buchs gestaltet ist, folgende Integraldarstellung der
Gamma-Funktion Γ –
auch Eulersches Integral zweiter Gattung genannt – wiedergibt:
Kurt Wedel war in den Jahren 1984-1994 Professor für die physikalischen Grundlagen der Informatik (siehe
Homepage des Instituts für Informatik
und Computational Science).
Das Urnengrab befindet sich inmitten des (derzeit) letzten Urnenfelds auf der linken Seite des Hauptwegs
parallel zur Straße Am Alten Friedhof, wenn man in nordöstliche Richtung blickt.
Es befindet sich in der sechsten Reihe vom Hauptweg gezählt etwa in der Mitte zwischen den beiden
Stichwegen.
Referenzen
[1] | Martin Grötschel: Die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW) und die Mathematik | |
[2] | Friedrich Robert Helmert: Die mathematischen und physikalischen Theorieen der höheren Geosäsie, Einleitung und I. Teil: Die mathematischen Theorieen, Verlag B. G. Teubner, Leipzig, 1880 und II. Teil: Die physikalischen Theorieen, Verlag B. G. Teubner, Leipzig, 1884 | |
[3] | Landesvermessung und Geobasisinformation Brandenburg (LGB) und DVW Berlin-Brandenburg e. V. (Hrsg.): Auf den Spuren der Landesvermessung in Berlin und Brandenburg4), Broschüre März 2014, ISBN 978-3-7490-4187-9 | |
[4] | Rudolf Sigl: Helmert, Friedrich Robert, in: Neue Deutsche Biographie (NDB), Band 8, Duncker & Humblot, Berlin 1969, ISBN 3-428-00189-3, S. 497 f. | |
[5] | Wolfgang Volk: Grabstein von Friedrich Robert Helmert in Potsdam, Zeugnisse zu Mathematikern, eine virtuelle Ausstellung | |
[6] | Wolfgang Volk: Grab von Erhard Schmidt in Potsdam, Zeugnisse zu Mathematikern, eine virtuelle Ausstellung | |
[7] | Wolfgang Volk: Grabstein für Kurt Wedel in Potsdam, Zeugnisse zu Mathematikern, eine virtuelle Ausstellung | |
[8] | Hans Weise: Helmerts Grab- und Gedenkstätte4), Vermessung Brandenburg 5. Jg. Heft 2/2000, S. 53 - 55 |
Bildnachweis
alle Fotografien | Wolfgang Volk, Berlin, aufgenommen im März 2021 | |
Lageplan | Wolfgang Volk, Berlin |
1) Dessen Erzieher war der Mathematiker
Nikolaus von Béguelin.
2) Buchstabenketten, die durch die Verwendung von
Abkürzungen entfielen, sind in eckigen Klammern ergänzt.
3) Die estnische Stadt Tartu wurde früher –
zumindest von der deutschen Minderheit – Dorpat genannt.
4) Die Artikel sind auch online im Portal der
LGB verfügbar, doch hat sich die
Internetadresse in jüngster Zeit öfters geändert, so dass nun kein direkter Verweis
mehr angegeben wird.