Mathematischer Ort des Monats November 2017
Mathematisches Gedenken am Reiterstandbild Friedrichs des Großen
von
Iris Grötschel
Am östlichen Ende des breiten Mittelstreifens auf dem Boulevard Unter den Linden in der
historischen Mitte Berlins, an der Einmündung der Universitätsstraße, erhebt sich ein
monumentales Reiterdenkmal, das an den bedeutenden preußischen König
Friedrich II.
(1712–1786) sowie einige seiner prominenten Zeitgenossen erinnert.
Das 1851 eingeweihte Denkmal gilt als das Hauptwerk des berühmten Berliner Bildhauers
Christian Daniel Rauch
(1777–1857). Die Bronzeplastik zeigt den König als volkstümliche Persönlichkeit,
gekleidet mit Uniform und Dreispitz, auf seinem Lieblingspferd Condé reitend.
Rund um den Sockel werden wichtige Militärs, Minister, Künstler und Gelehrte der
friderizianischen Zeit geehrt, die als Figuren dargestellt sind oder deren Namen auf
Inschriftentafeln verzeichnet sind.
Auf der Rückseite des Podestes werden Gelehrte und Künstler aus der Zeit Friedrichs des
Großen präsentiert. Hierzu gehören ebenfalls Wissenschaftler, die sich mathematisch
betätigt haben. Unter den figürlich dargestellten Personen findet man ganz rechts
Immanuel Kant (1724–1804).
Der große Philosoph interessierte sich sehr für die Naturwissenschaften und beschäftigte
sich intensiv mit Naturphilosophie und Mathematik. In seiner Zeit als Privatdozent an der
Universität in Königsberg, von 1755 bis 1766, unterrichtete er im Rahmen einer
vielfältigen Lehrtätigkeit auch Mathematik. Ab 1770 war er als Professor für Logik und
Metaphysik an dieser Universität tätig.
Die Inschriftentafel für die Intellektuellen auf der Rückseite des Podestes weist mehrere Namen auf.
Unter den hier Geehrten befinden sich auch zwei Mathematiker, nämlich
Christian Freiherr von Wolff
(1679–1754) und
Pierre Louis Moreau
de Maupertuis (1698–1759).
Die Namensinschrift für Wolff befindet sich etwa in der Mitte der linken Spalte.
Der Universalgelehrte beschäftigte sich mit juristischen, philosophischen und mathematischen
Themen. Als Professor für Philosophie und Mathematik wirkte er an der damals preußischen
Universität Halle, wobei er seine Lehrtätigkeit zwischen 1723 und 1740 aufgrund
theologischer Streitigkeiten nach Marburg verlegen musste.
Die für das mathematische Berlin wichtigste an dieser Stelle geehrte Person ist Maupertuis,
dessen Name in der Mitte der rechten Spalte vermerkt ist. Der in Frankreich geborene Maupertuis war
ein größtenteils autodidaktisch gebildeter Universalgelehrter mit starkem mathematischem
Interesse. So hatte er von 1729 bis 1730 bei
Johann Bernoulli (1667–1748) in
Basel studiert. Auf Vorschlag Voltaires lud Friedrich II. Maupertuis im Jahr 1740 nach Berlin ein,
um ihm die Präsidentschaft der
Akademie der Wissenschaften anzuvertrauen.
Die offizielle Ernennung erfolgte 1746. Nach unerfreulichen wissenschaftlichen Auseinandersetzungen
mit anderen Akademiemitgliedern verließ Maupertuis Berlin 1753, blieb aber bis zu seinem Tod
Präsident der Akademie.
Weitere renommierte in Berlin tätige Mathematiker in der Zeit Friedrichs des Großen
waren Leonhard Euler (1707–1783),
Johann Heinrich Lambert (1728–1777) sowie
Joseph Louis Lagrange (1736–1813).
Diese Wissenschaftler finden jedoch leider keine Erwähnung am Reiterstandbild.
Referenzen
[1] | Georg Dehio: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler – Berlin, Deutscher Kunstverlag, Berlin, 2000 | |
[2] | Iris Grötschel: Das Mathematische Berlin – Historische Spuren und aktuelle Szene, Berlin Story Verlag, Berlin, 2017 | |
[3] | Iris und Martin Grötschel: Mathematical Berlin – Science, Sights, and Stories, Berlin Story Verlag, Berlin, 2016 |
Bildnachweis
alle Aufnahmen | Iris Grötschel, Berlin |