Mathematiker des Monats August 2016
Carl Friedrich Hermann Reinhold Johannes Knoblauch (1855-1915)
von
Karin Reich
Inhalt
- Vorfahren
- Leben
- Karl Weierstraß und Johannes Knoblauch
- Knoblauchs wissenschaftliches Werk
- Mitgliedschaften in wissenschaftlichen Vereinigungen
Vorfahren
Mit dem Namen Knoblauch verbinden viele Berliner das berühmte
Knoblauchhaus in der
Poststraße 23, im Nicolaiviertel gelegen. In der Tat wurde dieses Haus von einem der Vorfahren
des Mathematikers, nämlich von Johann Christian Knoblauch (1723-1790), errichtet.
Der Großvater des Mathematikers war der Seiden- und Ordensbandfabrikant
Carl Friedrich Wilhelm Knoblauch (1793-1859),
der das Knoblauchhaus umbauen ließ, womit es in etwa das heutige Aussehen erhielt.
Der Vater des Mathematikers,
Hermann Knoblauch (1820-1895),
schlug das väterliche Erbe aus und wurde Wissenschaftler; er wirkte seit 1853 als Professor der Physik an der
Universität Halle und war von 1878 bis zu seinem Tode Präsident der
Leopoldina.
Die Mutter des Mathematikers, Elisabeth Zelle (1827-1855), stammte aus einer gelehrten Berliner Familie,
ihr Vater war Professor am
Grauen Kloster. Das einzige Kind der jungen Familie Knoblauch,
der Sohn Johannes, wurde am 27. August 1855 in Halle geboren. Die Mutter starb noch in demselben Jahr.
Leben
Johannes Knoblauch begann sein Studium 1872 an der Universität Halle und setzte seine Studien in Heidelberg fort;
1874 wechselte er an die
Universität Berlin.
1878 wurde er zunächst Lehrer am städtischen Gymnasium in Halle und 1879 am Gymnasium Zum Grauen Kloster in Berlin.
Johannes Knoblauch promovierte 1882 mit der Dissertation
„über die allgemeine Wellenfläche“
bei Karl Weierstraß (1815-1897). Als Zweitgutachter der Dissertation fungierte
Gustav Kirchhoff (1824-1887).
Bereits am 15. März 1883 folgte auf Wunsch von
Ernst Kummer (1810-1893) und Weierstraß Knoblauchs Habilitation.
Im Jahre 1884 heiratete Johannes Knoblauch Luise Eyssenhardt (1865-1940), die Tochter eines Rittergutsbesitzers.
Die Ehe blieb kinderlos.
Seit dem Sommersemester 1883 hielt Knoblauch regelmäßig Vorlesungen über mannigfache Themen.
Besondere Beachtung verdient seine im Sommersemester 1885 gehaltene Vorlesung
„Theorie der algebraischen Curven und Flächen höherer Ordnung“, die vervielfältigt und damit sozusagen veröffentlicht wurde.
Im Jahre 1888 sollte an der Friedrich-Wilhelms-Universität in Berlin ein Nachfolger für den
Extraordinarius Eugen Netto (1846-1919) gefunden werden,
der nunmehr einem Ruf an die Universität Gießen folgte.
Leopold Kronecker (1823-1891) verfasste den
Antrag der Philosophischen Fakultät an das Kultusministerium. An erster Stelle wurde
Meyer Hamburger (1838-1903) genannt, an zweiter Stelle Knoblauch und an dritter Stelle
Otto Hölder (1859-1937) ([3], S. 299-301).
Auf Wunsch von Kummer und Weierstraß wurde am 4. April 1889 der zweitplatzierte Johannes Knoblauch berufen,
zunächst als außerordentlicher Professor ohne Besoldung, am 28. Mai 1890 als
etatsmäßiger außerordentlicher Professor, eine Stelle, die er bis zu seinem Lebensende inne hatte.
Knoblauch war insbesondere für die Lehramtskandidaten zuständig; er war Mitglied der Prüfungskommission für Oberlehrer.
Am 4. August 1897 promovierte
Rudolf Rothe (1873-1942) bei Knoblauch;
Rothe wirkte später als Professor in Clausthal, Hannover und an der TH Berlin.
Ferner ist darauf hinzuweisen, dass Knoblauch 13 Jahre lang im Redaktionskommittee des
Journals für die reine und angewandte Mathematik tätig war und zwar von Band 125 (1903) bis Band 147 (1917).
Knoblauch verstarb am 22. Juli 1915 in Berlin und wurde in Berlin-Friedrichshain begraben.
Nachfolger von Knoblauch wurde
Issai Schur (1875-1941), der ab 1916 als außerordentlicher Professor an der Universität Berlin wirkte.
Karl Weierstraß und Johannes Knoblauch
Erwähnung verdient das besondere Verhältnis, das zwischen Weierstraß und Knoblauch herrschte.
Knoblauch unterstützte Weierstraß bei seinem Unterricht und verehrte den Altmeister geradezu unbegrenzt.
So war es auch naheliegend, dass Knoblauch großen Anteil an der Herausgabe von Weierstraß’ Werken hatte.
Knoblauchs wissenschaftliches Werk
Es war vor allem die Differentialgeometrie, über die Knoblauch zahlreiche Aufsätze und zwei Lehrbücher veröffentlichte.
Seine 1888 veröffentlichte
„Einleitung in die allgemeine Theorie der krummen Flächen“ war ein Klassiker.
Im Vorwort bemerkte Knoblauch, dass er vor allem den Zusammenhang mit der Theorie der binären Differentialformen in den Vordergrund stellte.
An neueren Autoren zitierte er
Eugenio Beltrami (1835-1900),
Elwin Bruno Christoffel (1829-1900) und
Julius Weingarten (1836-1910).
Im Jahre 1913 erschienen Knoblauchs voluminöse „Grundlagen der Differentialgeometrie“. In diesem Werk nannte er auch
Gregorio Ricci (1853-1925), den Schöpfer des absoluten Differentialkalküls.
Auf S.168 führte Knoblauch die Christoffelschen Symbole ein und behandelte anschließend die „Christoffelsche Kovarianz“.
Im Abschnitt „Invarianten und Kovarianten von gegebener Ordnung“ ging es unter anderem um die Kovarianz,
„die nach Riemann bezeichnet wird“ (S.534), d.h. den (kovarianten) Riemannschen Krümmungstensor.
Bemerkenswert ist, dass Knoblauch in keinem seiner beiden Werke von der Vektorrechnung bzw. vom Tensorkalkül Gebrauch machte.
Mitgliedschaften in wissenschaftlichen Vereinigungen
Seit dem Jahre 1861 gab es in Berlin einen Mathematischen Verein, der von
Hermann Amandus Schwarz (1843-1921) und
Georg Cantor (1845-1918) ins Leben gerufen wurde. Knoblauch war von 1876/77
Vorsitzender dieses Mathematischen Vereins ([2] Bd.1, S. 146).
Im Jahre 1892 wurde Knoblauch Mitglied der Deutschen Mathematiker-Vereinigung, die 1890 ins Leben gerufen worden war.
Die Berliner Mathematische Gesellschaft (BMG) wurde im Jahre 1901 gegründet, Knoblauch gehörte zu den Gründungsmitgliedern.
Während der Jahre 1904/05 hatte Knoblauch den Vorsitz der BMG inne.
Referenzen
[1] | Ingrid Ahrens: Knoblauch, Johannes, in: Neue Deutsche Biographie 12 (1979), Duncker & Humblot, Berlin, S. 194f | |
[2] | Heinrich Begehr: Mathematik in Berlin. Geschichte und Dokumentation, Bd.1 und Bd.2, Shaker Verlag, Aachen, 1998 | |
[3] | Kurt-Reinhard Biermann: Die Mathematik und ihre Dozenten an der Berliner Universität. 1810-1933, Akademie-Verlag, Berlin, 1988 | |
[4] | Karin Reich: Das Eindringen des Vektorkalküls in die Differentialgeometrie, Archive for History of Exact Sciences 40 (1989), S. 275 - 303, hier S. 285f | |
[5] | Rudolf Rothe: Zur Erinnerung an Johannes Knoblauch, Jahresbericht DMV 24 (1915), S. 443 - 457 |
Bildnachweis
Porträt | entnommen den Sitzungsberichtender Berliner Mathematischen Gesellschaft, XV. Jahrgang | |
Titelblatt | Kopie des Exemplars der SUB Hamburg, Mathematische Institute, Sign. 2 Kno / Mag 1, mit freundlicher Genehmigung. | |
Grabstätte | Wolfgang Volk, Berlin, Grab von Johannes Knoblauch in Berlin-Friedrichshain |