Mathematiker des Monats November 2014
Elwin Bruno Christoffel (1829-1900)
von Karin Reich
Elwin Bruno Christoffel wurde am 10. November 1829 in Montjoie (jetzt Monschau), in
der Nähe von Aachen gelegen, als dritter Sohn von Franz Carl und Maria Helena
Christoffel, geb. Engels, geboren. Christoffel besuchte die staatliche Elementarschule
seiner Heimatstadt und bekam zusätzlich Privatunterricht. So war er gut vorbereitet,
um in Köln zuerst das Katholische Gymnasium und dann das Friedrich-Wilhelmsgymnasium
zu besuchen, wo er 1849 das Reifezeugnis erhielt. Er begann seine Studien an der
Friedrich-Wilhelms-Universität
in Berlin, wo er, was die Mathematik anbelangt, Vorlesungen bei
Lejeune Dirichlet,
Eisenstein, Joachimsthal, Ohm und
Steiner hörte.
1856 wurde er mit der Dissertation „De motu permanenti electricitatis in corporibus
homogeneis“ promoviert; Gutachter waren die Mathematiker
Martin Ohm und
Ernst Kummer sowie der Physiker
Gustav Magnus. Nach seiner Promotion kehrte Christoffel nach
Montjoie zurück und widmete sich privaten Studien; als Ergebnis konnte er zwei
Arbeiten in dem hoch angesehenen Journal
für die reine und angewandte Mathematik veröffentlichen. Nachdem seine Mutter verstorben war, reichte er 1859 in Berlin
sein Habilitationsgesuch ein, woraufhin er zum Privatdozenten ernannt wurde;
Gutachter waren abermals die Mathematiker Ernst Kummer und Martin Ohm.
Im Jahre 1862 erhielt Christoffel seinen ersten Ruf, und zwar an die 1855
gegründete ETH in Zürich. Dort wurde er Nachfolger von
Richard Dedekind.
Christoffel blieb bis 1869 in Zürich, auch
Friedrich Prym verließ Zürich in
demselben Jahr 1869; Christoffels Nachfolger an der ETH wurde
Hermann Amandus Schwarz und Pryms Nachfolger
Heinrich Weber. Christoffels Zeit in Zürich gilt als seine
fruchtbarste und wahrscheinlich glücklichste, er veröffentlichte dort mehr als
zehn hochkarätige Arbeiten.
Bereits im Jahre 1868 war Christoffel Mitglied der Berliner
Akademie geworden,
in demselben Jahr wurde er auch Mitglied des Reale Istituto Lombardo, der
Accademia di scienze e lettere in Mailand. Christoffel folgte 1869 einem Ruf an die Berliner
Gewerbeakademie, die 1821 als „Technisches Institut“ gegründet worden
war. An dieser Institution hatte auch Karl
Weierstraß gewirkt, und zwar von 1856-1861/64. Christoffels wichtigster Kollege war dort
Siegfried Aronhold, mit dem er auch
freundschaftliche Beziehungen unterhielt. Christoffel blieb aber nur drei Jahre an der
Gewerbeakademie, Ernst Kossak wurde als sein Nachfolger berufen.
1872 wechselte Christoffel an die neu gegründete Reichsuniversität, die
Kaiser-Wilhelms-Universität in Straßburg. Dort wurde er nach zwanzigjähriger
Tätigkeit 1892 pensioniert; 1895 wurde Heinrich Weber als sein Nachfolger nach
Straßburg berufen. Christoffels wohl berühmteste Schüler in Straßburg
waren der Japaner Rikitaro Rigakuschi Fudfzisawa (Fujisawa), der später eine
Mathematikprofessur in Tokio bekleidete sowie
Paul Epstein. Christoffel starb am 15.
März 1900 in Straßburg, wo er auch begraben wurde; die Grabrede hielt
Wilhelm Windelband.
Christoffels Schriftenverzeichnis umfasst 35 Nummern, er lieferte Beiträge
zur Mathematik, Physik (vor allem zur Optik) und Mechanik. In der Mathematik
waren insbesondere die Funktionentheorie, die Potentialtheorie, die Theorie der
partiellen Differentialgleichungen sowie die Differentialgeometrie seine
Forschungsgebiete.
Seine wohl berühmtesten Ergebnisse erzielte er in der Differentialgeometrie.
Seine 1869 im Journal für die reine und angewandte Mathematik veröffentlichte
Arbeit „über die Transformation der homogenen Differentialausdrücke
zweiten Grades“
zählt zu seinen Spitzenleistungen; zur Zeit der Veröffentlichung war Christoffel
in Berlin tätig. Insbesondere an Aronholds invariantentheoretische Arbeiten
anknüpfend führte Christoffel hier die kovariante Ableitung, die später nach
ihm benannten Christoffel-Symbole erster und zweiter Art sowie den später nach
Riemann benannten
Krümmungstensor als „Koeffizienten einer quadrilinearen Form G4“
ein. Das waren fundamentale Bausteine, die die mathematische Basis für die von
Albert Einstein 1916 in Berlin
veröffentlichte „Grundlage der allgemeinen Relativitätstheorie“ lieferten.
Referenzen
[1] | Paul Leo Butzer und Franziska Fehér (Hrsg.): E. B. Christoffel. The influence of his Work on Mathematics and the Physical Sciences. Birkhäuser Verlag, Basel, Boston, Stuttgart, 1981, 761 S. | |
[2] | Carl Friedrich Geiser und Ludwig Maurer: Elwin Bruno Christoffel, Mathematische Annalen 54, 1901, S. 329 - 346 | |
[3] | Carl Friedrich Geiser: Nachruf auf Christoffel, in: Elwin Bruno Christoffel, Gesammelte mathematische Abhandlungen Bd.1, Teubner, Leipzig, 1910, S. V - XV | |
[4] | Struik, Dirk Jan: Christoffel, Elwin Bruno, in: Dictionary of Scientific Biography 3, Charles Scribner's sons, New York, 1971, S. 263 - 264 | |
[5] | Elwin Bruno Christoffel. Gedenkschrift zur 150. Wiederkehr des Geburtstages. Heimatblätter des Kreises Aachen, 34./35. Jahrgang, Heft 1978-3/4 und 1979-1, 80 S. |
Bildnachweis
Porträt | Lizenziert unter Public domain über Wikimedia Commons, Porträt | |
Gedenktafel, Geburtshaus | Wolfgang Volk, Berlin, Gedenktafel am Geburtshaus von Elwin Bruno Christoffel in Monschau |