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Zeitzeugen
Zu Beginn lohnt ein Blick zurück in die ältere Zeit. Die Frage,
wer eigentlich als „Urvater“ der Geometrie oder Differentialgeometrie
an der Technischen Universität Berlin (TU) anzusehen ist,
ist nicht leicht zu beantworten.
Gelegentlich wird Georg Hamel (1877-1954) genannt, der ab 1919 an der
damaligen (bis 1918 Königlich) Technischen Hochschule zu Berlin eine
Professur für Mathematik und Mechanik innehatte. Er hatte bei
David Hilbert über „Geometrien, in denen die Geraden die
Kürzesten sind“ promoviert, also stand er der Geometrie doch nahe,
wenngleich sein Arbeitsgebiet immer als Mechanik und Grundlagen der Mathematik
bezeichnet wird, zum Beispiel ist die Hamel-Basis in der linearen Algebra
nach ihm benannt. Sein als Band 57 der „Grundlehren“ im Springer-Verlag
erschienenes Buch über „Theoretische Mechanik“ wurde zu einem
Standardwerk. Mit Kriegsende 1945 wurde er emeritiert, seine Hochschule wurde erst
einmal geschlossen. 1950 wurde er Ehrenmitglied der Berliner Mathematischen
Gesellschaft (BMG).
Erst Anfang des Jahres 2022 erfuhr ich aus dem Artikel von Gerhard Brecht in den
DMV-Mitteilungen, dass der Ausschuß für Einheiten und Formelgrößen (AEF) auch
„von der Berliner Mathematischen Gesellschaft (BMG) mitgetragen“ wurde.
Dazu bedarf es sicherlich zunächst einiger Erläuterungen, die bis in das
19. Jahrhundert zurückreichen. Im Zuge der
industriellen
Revolution, die von Großbritannien ausgehend auch den Kontinent erfasste,
hatte das Wissen auf vielen Gebieten der Naturwissenschaften und Technik sehr stark
zugenommen. Im Nachgang bildeten sich vielerlei Organisationen und Fachgesellschaften,
die nicht zwangsläufig in unmittelbarem Zusammenhang stehen jedoch im allgemeinen
Kontext zu sehen sind.
Einer der Kodirektoren des Max-Planck-Instituts für Mathematik (MPIM) in Bonn,
Peter Scholze, wurde im August 2018 auf dem Internationalen Mathematiker-Kongress (ICM)
in Rio de Janeiro mit einer Fields-Medaille ausgezeichnet.
Sie zählt soviel wie der Nobelpreis in anderen Wissenschaftsdisziplinen.
Es ist das zweite Mal, dass dieser Preis nach Deutschland ging.
Erster deutscher Preisträger war 1986 Gerd Faltings, der danach auch Kodirektor des MPIM wurde.
Ihn lernte ich persönlich vor 1986 kennen, traf ihn danach auf einigen Tagungen.
Später wurde auch Juri Manin Kodirektor des MPIM. Er hatte mir etliche Jahre zuvor in
Berlin und in Moskau gute Tipps für meine Arbeit gegeben, die unter anderem in die allererste
Euler-Vorlesung mündete.
Im Sommer 1946 bewarben sich besonders viele Leute um einen Studienplatz für das
Wintersemester 1946/47 an der Universität Berlin, die man schon damals oft
„Humboldt-Universität“ nannte und die diesen Namen offiziell seit 1949 trägt.
Es waren jüngere und ältere. Neben den „normalen“ Bewerbern gab es ja die
zahlreichen Kriegsteilnehmer und Verfolgten, die manches Jahr verloren hatten. Sie genossen
naturgemäß ein Vorrecht. Es war auch schon die Rede davon, Arbeiter- und Bauernkinder
zu bevorzugen.